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der göttlichen Liebe im Eifer zu guten Werten. Wir kommen hier auf das Verhältnis von Glauben und guten Werken, oder von der Rechtfertigung und der Heiligung. Daß der Glaube Früchte bringen muß, lehrt die Augsburgische Konfession sehr bestimmt. Sie lehrt im 4. Artikel von der Rechtfertigung, lehrt im 6. Artikel von den Früchten des Glaubens als den guten Werken und hat dann im 20. Artikel noch eine längere Darlegung über beides; da wird deutlich die Frage beantwortet, ob gute Werke notwendig sind. Das wirft ja die römische Kirche der unsern immer vor, daß sie, weil sie die Rechtfertigung vor Gott nur auf den Glauben stellt, damit die guten Werke für gering achte. Wollen wir nie dazu beitragen durch Trägheit im Christenstand diesem Vorwurf einen Schein des Rechtes zu verleihen! Gute Werke sind notwendig – freilich nicht in dem Sinn, als ob wir durch sie die Gerechtigkeit vor Gott erwerben könnten; aber sie sind notwendig als Früchte des Glaubens, sind Beweise der Liebe oder Zeichen des Dankes und erwachsen aus dem Glauben wie von selbst. Buße und Glauben sind der Weg zur Seligkeit, als Vorgang im Herzen können sie zusammen auch genannt werden die Bekehrung; denn durch die Buße, durch ernste Reue über die Sünde wendet sich der Christ von der Sünde ab und durch den Glauben, der sich auf Christum stützt und im Vertrauen auf ihn zu Gott kommt, wendet man sich Gott zu. Und so muß Buße und Glauben als Abkehr von der Sünde, als Hinkehr zu Gott auch von selbst Früchte bringen. Die nächste innerliche Frucht der Buße ist Furcht vor Gott, die Frucht des Glaubens ist Liebe zu Gott. Habe ich wirklich mit Ernst und in wahrer Reue die Verdammlichkeit der Sünde erkannt, dann habe ich den Entschluß gefaßt: ich will ihr nicht mehr dienen, sondern in heiliger Furcht vor Gott meinen Weg gehen. Und bin ich im Glauben gewiß geworden, daß Gott mich ewig liebt, so muß doch die dankbare Gegenliebe dafür im Herzen erwachen und wer Gott lieb hat, der will tun was ihm gefällt, weshalb der Apostel sagen kann: „Das ist die Liebe zu Gott, daß wir seine Gebote halten und seine Gebote sind nicht schwer.“ Furcht und Liebe zu Gott sind die Früchte der Bekehrung, die Früchte von Buße und Glauben und somit das ernste Bestreben nicht mehr der Sünde, sondern nur Gott zu dienen. Ist dann die heilige Liebe, die in Gott selber ist, nicht auch in uns zustande gekommen? Eine heilige Liebe muß es sein. Der Apostel Johannes sagt zwar: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht völlig in der Liebe.“ Aber da hat er sicherlich nur die knechtische, die sklavische Furcht vor Gott im Auge. Heilige Furcht vor Gott muß immer im Herzen des Christen sein. Mit Furcht und Zittern muß auch der bekehrte Christ die Seligkeit schaffen, d. h. stets bedenken: die