Seite:Wilhelm ChinVolksm 383.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

hat der Himmelsherr es denn verdient, daß er ewig auf seinem Throne bleiben will? Er soll mir Platz machen, dann bin ich zufrieden.“

Buddha sagte lächelnd: „Du bist ein Tier, das Zauberkraft erlangt. Wie willst du denn als Herr des Himmels herrschen? Du mußt wissen, daß der Himmelsherr schon seit Äonen an seiner Tugend gearbeitet hat. Wieviel Jahre fehlen dir noch, um seine Würde zu erreichen! Und dann frage ich dich, kannst du außer deinen Verwandlungskünsten noch irgend etwas anderes?“

Sun Wu Kung sprach: „Ich kann Wolkenpurzelbäume schlagen. Mit jedem komm ich achtzehntausend Meilen weit. Das reicht doch wahrlich aus, um Himmelsherr zu sein!“

Buddha sagte lächelnd: „Wir wollen eine Wette machen. Wenn du mit einem Purzelbaum aus meiner Hand herauskommst, dann werde ich den Himmelsherrn bitten, dir Platz zu machen. Kommst du aber nicht heraus, so mußt du dich in meine Fesseln fügen.“

Sun Wu Kung verhielt sich das Lachen; denn er dachte: „Dieser Buddha ist ein verrückter Kerl! Seine Hand ist keinen Fuß lang; wie soll ich da nicht herausspringen können!“ So sagte er denn mit vollem Munde: „Ja!“

Buddha streckte nun seine rechte Hand aus. Sie glich einem kleinen Lotosblatt. Sun Wu Kung sprang mit einem Satz darauf. Dann sagte er: „Los!“ Dann machte er einen Purzelbaum nach dem andern, daß es nur so ging wie ein Wirbelwind. Während er so dahinsauste, sah er fünf hohe, rötliche Säulen zum Himmel ragen. Da dachte er: „Das ist das Ende der Welt. Ich will umkehren und Herr des Himmels werden. Aber ich will meinen Namen noch hier anschreiben zum Beweis, daß ich da war.“ Er zog ein Haar heraus, verwandelte es in einen Pinsel und schrieb mit großen Buchstaben an die mittlere Säule: „Der himmelsgleiche Große Heilige.“ Dann ging er noch ein wenig umher und erleichterte sich an der ersten der fünf Säulen. Dann

Empfohlene Zitierweise:
Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 383. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_383.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)