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Der Tod wagte nicht zu widersprechen, sondern ließ durch den Schreiber das Buch herbeibringen. Sun Wu Kung schlug es auf. Da fand er unter der Klasse „Affen“ Nr. 1350 die Bemerkung: „Sun Wu Kung, der vom Himmel geborene steinerne Affe. Seine Lebensdauer beträgt dreihundertzweiundvierzig Jahre. Dann soll er ohne Krankheit sterben.“

Sun Wu Kung nahm den Pinsel vom Tisch, strich das ganze Affengeschlecht im Buch des Lebens aus, warf das Buch hin und sagte: „Die Rechnung ist quitt! Von heut ab laß ich mir nichts mehr von Euch gefallen.“

Damit bahnte er sich mit seiner Stange den Weg aus der Unterwelt, und die zehn Todesgötter wagten nicht, ihm entgegenzutreten, sondern verklagten ihn erst hinterher beim Herrn des Himmels.

Als Sun Wu Kung die Stadt verlassen hatte, glitt er aus und fiel zu Boden. Darüber erwachte er und merkte, daß er geträumt hatte. Er berief die vier Paviane zu sich und sagte: „Famos! Famos! Ich war ins Schloß des Todes geschleppt worden und habe dort einen ordentlichen Lärm verführt. Ich habe mir das Buch des Lebens geben lassen und hab die Todesstunde von uns Affen allen ausgestrichen.“ – Seit jener Zeit starben die Affen auf dem Berg nicht mehr, weil in der Unterwelt ihre Namen durchgestrichen waren.


Der Herr des Himmels aber saß in seinem Schloß und hatte alle seine Diener um sich versammelt. Da trat ein Heiliger hervor und überbrachte die Klage des Drachenkönigs vom Ostmeer. Und wieder ein anderer trat hervor und überbrachte die Klage der zehn Todesgötter. Der Herr des Himmels sah die Klageschriften durch. Beide berichteten von dem wilden, ungebührlichen Benehmen des Sun Wu Kung. Er befahl, daß ein Gott zur Erde stiege und ihn gefangennehme. Da trat jedoch der Abendstern hervor und sprach: „Dieser Affe ist entstanden aus

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 367. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_367.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)