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dürft ihn keinen fixen Kerl nennen! Er ist noch jung und unerzogen.“

Dann schleppten sie ihn hinaus. Er kroch wieder durch die Löcher und ging heim. Seiner Mutter wagte er die Geschichte nicht zu gestehen, sondern bat sie nur, nochmals eine Ehevermittlerin hinzuschicken. Sie brachte es nicht über sich, ihm geradezu es abzuschlagen; doch wollte sie sich für ihn nach einer andern Verbindung umsehen. Edelweiß erfuhr davon. Sie war bestürzt und schickte im geheimen eine Vertraute zur Mutter des Schülers, ihr eine Andeutung zu geben. Erfreut sandte diese nun eine Ehevermittlerin zu der Familie Wu.

Eine junge Magd aber hatte das nächtliche Erlebnis Frau Wu verraten. Die empfand es als Schmach und ward sehr aufgeregt. Als nun die Ehevermittlerin kam, vermehrte das noch ihren Groll. Sie war für nichts zu haben, sondern beschimpfte den Schüler und seine Mutter. Erschrocken schlich sich die Ehevermittlerin aus dem Hause und erzählte, was ihr begegnet sei.

Da wurde auch die Mutter Ho böse und sagte: „Ich hab kein Wörtchen davon erfahren, was der dumme Junge angestellt hat. Was ist das für eine Art, nachträglich zu schimpfen! Warum haben sie denn damals, als sie die beiden beisammen ertappten, sie nicht miteinander umgebracht?“

Von da an begann sie, allen ihren Verwandten und Bekannten die Sache zu erzählen. Das Mädchen hörte davon und wollte sterben vor Scham. Ihrer Mutter tat es nun auch leid; aber sie konnte es nicht mehr ungeschehen machen. Das Mädchen sandte im geheimen, der Mutter ihres Geliebten freundlich zureden zu lassen. Sie schwor, nie einen andern heiraten zu wollen, und ihre Worte waren so traurig, daß die Mutter davon gerührt wurde und nicht mehr über den Vorfall sprach. Von Heiratsplänen war aber auch nicht mehr die Rede.

Es kam ein neuer Beamter in die Gegend, der sah die Aufsätze des Jünglings und fand sie vorzüglich. Er berief

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_336.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)