Seite:Wilhelm ChinVolksm 085.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
36. Strafe des Unglaubens

Es war einmal ein Mann, der hieß We Be Yang. Er ging mit drei Jüngern in den Wald und kochte dort das Lebenselixier. Da er aber wußte, daß nicht alle seine Jünger von ganzem Herzen seinen Lehren glaubten, beschloß er sie zu prüfen.

Er sprach zu ihnen: „Das Lebenselixier ist nun zwar fertig, doch weiß ich noch nicht, ob es Kraft hat. Ich will zuerst davon dem Hunde geben, um zu sehen, wie es wirkt.“

Er gab dem Hunde davon, der starb.

Da sprach We Be Yang: „Wie schwierig ist es, das Lebenselixier fertig zu bekommen! Nun hab ich’s fertig, und der Hund stirbt daran. Das ist ein Zeichen, daß es mir nicht vergönnt ist, Unsterblichkeit zu erlangen. Weib und Kind habe ich verlassen und bin in die Berge gegangen, um geheimen Sinn zu verstehen. Ich schäme mich, nun wieder heimzukehren. Lieber will ich sterben.“

Danach aß er auch von dem Lebenselixier. Kaum hatte er es im Munde, so war er tot.

Seine Jünger sahen sich erschrocken an und sprachen: „Man macht das Lebenselixier, um ewig zu leben; statt dessen bringt es nur den Tod, wie geht das zu?“

Es war aber einer unter den Jüngern, der sagte: „Unser Meister ist kein gewöhnlicher Mensch. Vielleicht hat er nur unseren Glauben prüfen wollen.“

Er aß auch von dem Lebenselixier, aber auch er verschied.

Da sagten die beiden anderen Jünger untereinander: „Die Sache ist unheimlich, wir wollen lieber gehen.“

So kehrten sie denn heim, um Särge zu kaufen für die beiden Toten. Kaum waren sie weg, so erhob sich We Be Yang. Er brachte auch den Jünger und den weißen Hund zum Leben zurück, und alle drei gingen miteinander zur

Empfohlene Zitierweise:
Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_085.jpg&oldid=- (Version vom 30.5.2018)