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und der Drache war verschwunden. Er ging nun weiter, da fand er eine Schildkrötenschale voll von schönen Perlen. Es waren aber Zauberperlen. Wenn man sie ins Feuer warf, so hörte das Feuer auf zu brennen; wenn man sie ins Wasser warf, tat sich das Wasser auf, und man konnte hindurchgehen. Er nahm die Perlen aus der Schildkrötenschale heraus und steckte sie zu sich. Nicht lange danach kam er an den Strand des Meeres. Er warf eine Perle hinein; da teilte sich das Meer, und er erblickte den Meerdrachen. Der rief: „Wer stört mich hier in meinem Reich?“ Der Jüngling sprach: „Ich habe Perlen gefunden in einer Schildkrötenschale und habe sie ins Meer geworfen, da hat das Wasser sich mir aufgetan.“

„Wenn es so ist“, sagte der Drache, „so komm zu mir ins Meer, da wollen wir miteinander leben.“ Da erkannte er, daß es derselbe Drache war, den er in jener Höhle gesehen. Auch der Jüngling war da, mit dem er Brüderschaft geschlossen. Es war des Drachen Sohn.

„Du hast meinen Sohn gerettet und mit ihm Brüderschaft geschlossen, so bin ich dein Vater“, sagte der alte Drache. Und er bewirtete ihn mit Wein und Speisen.

Eines Tages sprach sein Freund zu ihm: „Mein Vater wird dich sicher belohnen wollen. Nimm aber kein Geld, auch keine Edelsteine, sondern nur die kleine Kürbisflasche dort; mit der kann man herzaubern, was man will.“

Richtig fragte ihn der alte Drache, was er zum Lohne haben wolle, und er sprach zu ihm: „Ich will kein Geld und auch keine Edelsteine, ich will nur die kleine Kürbisflasche.“

Erst wollte der Drache sie nicht hergeben. Endlich gab er sie ihm doch. Dann ging er von dem Drachenschlosse weg.

Als er wieder aufs trockene Land kam, da wurde er hungrig. Alsbald stand ein Tisch mit vielem, schönem Essen da. Und er aß und trank. Er war eine Zeitlang weitergegangen, da wurde er müde. Schon stand ein Esel

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_015.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)