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so bewährt, wie bei den Kommissionsbereisungen, als die Wahl des Naturschutzparkgebietes entschieden werden mußte. Die süddeutschen Naturästhetiker kamen, sahen und waren besiegt. So etwas von schwermütiger Schönheit hatten sie nicht erwartet. Die Naturwissenschaftler[WS 1], Botaniker, Zoologen und Geologen, durchwanderten die Binnenheide und waren überrascht von dem wechselvollen Charakter des Geländes und von dem Artenreichtum an Tieren und Pflanzen. Die Prähistoriker konnten sich nicht genug wundern über die Fülle der Hügelgräber, Steinsetzungen und Urnenfriedhöfe. Schließlich sandte auch das Haus der Abgeordneten seine Argrarkommission aus Berlin, Männer aller Parteien und aller Berufsstände, und restlos stimmten die Herren dem Vereinsbeschlusse bei, sich in und um Wilsede festzulegen.

Die Arbeit begann. Zuerst galt es, das großartigste Naturdenkmal der niedersächsischen Tiefebene, den Berg[WS 2], der seinesgleichen von Königsberg bis Amsterdam, vom Haag bis Helgoland nicht hat, zu sichern. Dann folgte der Totengrund, diese wunderbare Zirkusbildung, welche die gurgelnden Wasser der Eiszeit auswuschen, ein ins Gigantische übersetztes plastisches Modell der Böcklinschen Toteninsel.

Und nun kam Hof auf Hof. Sie wollten ja alle so gern verkaufen, denn der dürftige Boden lohnte nur spärlich des Menschen Arbeit, und die Abgelegenheit erschwerte mehr als anderswo den Absatz von Frucht und Vieh. Da hieß es ungefähre Grenzen normieren, und so beschloß man, im Osten bis in das Auetal und im Westen bis an die große Napoleonische Heerstraße von Harburg nach Soltau zu gehen, im Süden mit Möhr und Bockheber abzuschneiden und im Norden vom Töps über den Garlstorfer Wald bis zu den mit Astgeld aufgeforsteten Alser Heidbergen die Abschlußlinie zu ziehen.

Innerhalb dieses Gebietes kaufte der Verein bislang rund 14 000 Morgen für nahezu 2 Millionen Mark, die ihm in der Hauptsache aus der vom Preußischen Staat in dankenswerter Weise bewilligten Lotterie zuflossen.

An Verdächtigungen häßlichster Art hat es nicht gefehlt. Man redete von einem Verbrechen an der Landwirtschaft und der Schaffung einer allgemeinen Wüstenei, welche einen Unterschlupf für alles lichtscheue Gesindel bilden würde, ja, von der Undurchführbarkeit des ganzen Unternehmens. Aber für die im Bezirk liegenden 35 000 Morgen großen fiskalischen und klösterlichen Forsten sorgt eine ausreichende Zahl von Beamten, und für die weiten, leicht übersichtlichen Heideflächen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Naturwissenschafter
  2. Wilseder Berg
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bode: Der Naturschutzpark in der Lüneburger Heide. In: Die Lüneburger Heide : von der Elbe bis zur Leine. (= Richters Reiseführer). Richters Reiseführer-Verlag, 3. Auflage, Berlin 1914, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_Bode_Der_Naturschutzpark_in_der_L%C3%BCneburger_Heide_(aus_Richters_Reisef%C3%BChrer).pdf/2&oldid=- (Version vom 1.10.2017)