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bei dem jungen Platon, und die wenigen Worte über das Sterben des Perikles bestätigen es und ergreifen durch ein verhaltenes Pathos. Was sein Landsmann Demokrit erreicht hat, ahnen wir nur von ferne.

Wer dies alles zusammennimmt, muß gestehen, daß die ionische Literatursprache bereits zu allem fähig war, und daß es zunächst durchaus keinen Fortschritt brachte, als das Attische sich neben sie stellte, weil Athen die politische Herrschaft über die Ionier und einige dorische Städte gewonnen hatte. Die megarischen Kolonien Byzantion und Chalkedon waren eine Enklave im ionischen Sprachgebiet; begreiflich, daß nun die Sophisten Thrasymachos von Chalkedon und Theodoros von Byzanz gleich die attische Sprache annahmen, als sie in Athen auftraten; des Ionertums erwehrten sich ihre Städte dauernd, anders als Halikarnaß und die knidischen und koischen Ärzte. Im Westen fühlten sich die ionischen (chalkidischen) Städte durch das Dorertum bedroht und setzten ihre Hoffnung auf Athen. Begreiflich, daß Gorgias von Leontinoi sich für das Attische entschied, zumal das Schriftionisch von seiner Muttersprache nicht unbeträchtlich abwich[1]. Übrigens hielt er sich in dem Formalen (σσ z. B.) an das Attisch der Tragödie mit seinen Ionismen, und das haben ja auch die ersten Athener getan, die wie Antiphon und Thukydides stilistische Kunstwerke liefern wollten. Insofern ist es von großer Bedeutung geworden, daß die maßgebenden Lehrer der neuen Redekunst geborene Ausländer waren[2]: sie schöpfen nicht unmittelbar

  1. Wir dürfen das nach der Sprache von Rhegion annehmen, Schwyzer 794, von Preuner am besten ergänzt.
  2. Es ist peinlich, daß wir nicht wissen, in welcher Sprache das einflußreiche Lehrbuch des Korax oder Teisias gehalten war, also ob der Syrakusier seine Sprache oder wie Antiochos ionisch schrieb. Da das Buch immer neu bearbeitet ward (es steckt ja noch viel in der Rhetorik des Anaximenes), ist es natürlich attisch geworden.