Seite:Wilamowitz Geschichte der griechischen Sprache 13.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ziemlich ungemischt, wozu die Kyprier gehören, in Thessalien überwiegend, nur noch schwach nachwirkend in Böotien. Die aber später gekommen sind, gehören den älteren gegenüber zusammen, wenn es auch an charakteristischen Eigentümlichkeiten der eigentlichen Dorer nicht fehlt, die nach der zuverlässigen historischen Überlieferung Kreta, Lakonien[1] und Argos, zuletzt auch Korinth mit Megara erobert haben, in verschiedener Weise von den Bevölkerungen, die sie vorfanden, beeinflußt. Im Gegensatze zu der älteren Sprache ist das Dorische im weiteren Sinne eine Einheit, und sie in ihrem Wortschatze und ihrer Syntax zu fassen, ist wahrlich mindestens ebensoviel wert als die Laut- und Formenlehre. Da ist gleich eins: nur die ältere Schicht wird Wörter aus der vorgriechischen Sprache übernommen haben, die im Mutterlande sicher eine ganz andere war als auf Kreta (die Ortsnamen beweisen). Lehnwörter im Kretischen, von Götter- und Ortsnamen abgesehen, wüßte ich wenigstens nicht anzugeben. Aber der Unterschied zwischen dem Griechisch der ersten und der zweiten Schicht ist stark, und den gilt es herauszuholen, wobei nicht nur auf das geachtet werden muß, was vorhanden ist, sondern auch was fehlt. Das alte φρατήρ haben nur die Ionier bewahrt, aber es bedeutete nicht mehr Bruder, sondern zugehörig zu einer φρατρία, einer wirklich oder fiktiv durch das Blut verbundenen Gemeinschaft[2]. Andererseits reicht die Sprache hin,


  1. Der lakonische Dialekt darf nicht auf die spärlichen spartanischen Steine beschränkt werden; Tarent und Herakleia gehören dazu, und nun sind wir berechtigt, Thera und Kyrene zuzunehmen. Man erkennt, wie jung das Σ für Θ, das Η für S ist. Und ich halte nun für ausgemacht, daß Alkmans sog. Äolismen bodenständig sind, und wir uns mit einer Anomalie wie Μῶσα anders abzufinden haben. Da ist einfach das homerische Μοῦσα übernommen. Die Dorer hatten die Göttin gar nicht gekannt.
  2. Da in den Kolonien die gentilizische Verbindung in den Phratrien fiktiv sein mußte, ist die Phratrie später nichts als eine Schmausbrüderschaft. [14] Dagegen war die πατριά der „Dorer“ eigentlich das Geschlecht, wenn auch in Olympia (Inschr. 2) schon die γενεά darunter tritt; der Vater ist bereits ein Ahn geworden, und die einzelnen „Familien“ haben sich abgesondert, wenn sie auch in der πατριά zusammengefaßt bleiben.