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Dorophea und Aristonophos gemeint, was eine Zeitlang ein merkwürdiger Lautwandel schien. Ein Strich zu viel, und Zeus wird Xeus; wenn die Böoter mehrfach ihr Ε vierstrichig machen, so hat das kein Unheil angerichtet. Eine harmlose Umstellung zweier Buchstaben scheint eine merkwürdige Unform zu erzeugen[1]. Viele Zeichen haben in benachbarten Alphabeten eine verschiedene Form, da vergreift man sich gelegentlich; einem Lokrer kommt ein korinthisches S in den Grabstichel[2], das seine Landsleute als Μ lesen. Die Athener sind aus den Büchern mit ionischer Schrift an Zeichen gewöhnt, die zuhause noch nicht aufgenommen sind, da schreiben sie diese gelegentlich, aber was das Ω für einen Laut bezeichnet, ist ihnen unsicher: da steht es auch für das ο, welches wir mit ου wiedergeben. Die Korinther hatten versucht, zwei Ε-Laute in der Schrift zu unterscheiden; da braucht man nur die Pinakes anzusehen, um das Schwanken zu beobachten. Im südlichen Böotien schreibt man αε und οε oft für αι und οι; das greift über die Grenze, und auf der attischen Kroisosschale steht Κροεσος, in Korinth Περαεόθεν was doch nur graphische Bedeutung hat. Von der Wiedergabe der aspirierten und assibilierten Konsonanten will ich gar nicht reden; das erfordert eine zusammenfassende Untersuchung[3]. Wir werden

  1. εποειοεν für ἐποίεσεν, sigeische Inschrift, Schwyzer 731.
  2. Siedlungsgesetz aus Westlokris, Sitz. Ber. Berl. 1927, 12.
  3. Wir sprechen so, wie es der Prozeß des Τ gegen das S bei Lukian voraussetzt, sollen uns aber darüber nicht täuschen, daß das böotisch-attische ττ von dem sonst herrschenden σσ in der Aussprache nicht so gar verschieden war; die Ionier haben leider aufgegeben, einen überflüssigen semitischen Sibilanten für diesen Laut zu verwenden. Wenn sich in hellenistischer Sprache ein attisches Wort wie ὀττεύομαι findet, so haben sie das mit tt gesprochen; ὄσσα hatte es in den Sprachen des Mutterlandes nie gegeben. Kretisches θάλαθθα tritt bestätigend hinzu; da gibt es auch Ττῆνα für Ζῆνα. Böotisches δδ war auch Sibilant (κριδδέμεν = κρίζειν). Die aspirierte Aussprache des δ hat auch viel weiter als in Elis gegolten, wo man früh ζ schrieb. τόζε Rhodos [12] IG XII Ι, 737. Besonders bezeichnend δισυροποιός auf Kreta, GDI 4759, was man ändert, weil nicht verstanden wird, daß δ das weiche s bezeichnet; δίζημαι ist dasselbe. Nur so erklärt sich rosa = ῥόδα, aus dem Plural genommen. Die Ionier begannen zur Zeit des Timotheos ζ als weiches s zu sprechen, und im ersten Jahrhundert war das durchgedrungen, wie z. Β. Catulls Zmyrna zeigt. Es ist Archaismus gegen die Sprache des Lebens, wenn die Poesie immer weiter ζ als Doppelkonsonanz behandelt.