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verloren hätte, sie in Noth und Elend nicht zu verlassen? –

Herr! sagte der überraschte Jüngling, und sah fragend bald den Vater, bald die hoch erröthende Tochter an.

Hättest Du den Muth? fragte jener noch einmal.

Da sah ihn der junge Ritter mit seinem kühnen und treuen Auge fest an, und erwiderte mit lauter Stimme: Ja, Burggraf, den Muth habe ich, so wahr der Himmel mir seinen Segen schenken möge!

So nimm sie hin, die Du liebst! sagte der Graf, zog seine Tochter empor, und legte sie in die Arme des Geliebten, und hatte selbst in den alten Augen Thränen stehen, als er sah, wie die Beyden mit Thränen der Wonne und des Entzückens sich fest und innig umarmt hielten.

Dann ging er heraus und ließ die Glücklichen allein. Nach einer Weile aber kehrte er zurück, gefolgt von dem Ritter von Wevelinghoven. Ihr wollt Eure Antwort holen, sagte er zu diesem, und zeigte auf die Liebenden, die sich noch umarmt hielten. Seht sie dort! und Eurem Ohm sagt, ich und mein Schwiegersohn hofften, unsere Burggrafschaft besser beschützen zu können, als der freche und naseweise Bursch, den er mir geschickt habe!

Burggraf, das sollt Ihr bereuen! rief der lange Ritter, und stürzte mit dem Flammenblicke[WS 1] der Wuth und der Rache aus dem Gemache, und nach wenigen Minuten aus der Burg.

Der Burggraf freuete sich sehr, daß er diesem gemeinen und widerwärtigen Menschen nicht die einzige Tochter geopfert habe, und setzte sich mit erleichterter

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Flammenbicke
Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_200.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)