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Meine Tochter! fuhr der Graf fort: Meine Besitzungen liegen mitten zwischen den drey geistlichen Ländern, Paderborn, Münster und Osnabrück; alle drey Bischöfe betrachten sie als eine schöne Beute, die ihnen fast nicht mehr entgehen kann; am meisten der Bischof Florenz von Münster, der mit dem Kayser und dem Papste persönlich befreundet ist. Ich habe keinen Sohn, der mein Erbe künftig beschützen kann; Deiner Thränen und Deines Flehens werden sie spotten, und mehr hat ein Weib nicht, um ihre Rechte zu vertheidigen. Dem Bischofe von Münster wird es ein leichtes Spiel seyn, sie verstummen zu machen, und der gefürchtete Moment ist unvermeidlich erschienen, unser Name stirbt, unser Land wird zerrissen. Sophie, und nur Ein Mittel kann uns retten!

Und welches? fragte das Mädchen, kaum hörbar, mit angehaltenem Athem.

Eine Verbindung mit dem Bischofe von Münster, erwiderte der Burggraf; die ihm oder den Seinigen allein das zusichert, was er sonst mit seinen Nachbaren theilen müßte.

Vater! rief die ängstlich Errathende.

Rudolf von Wevelinghofen – fuhr der Graf fort.

Um Gotteswillen! rief die Geängstete mit zitternder Stimme.

Sophie! fagte der Vater mit anscheinender Ruhe und Festigkeit; höre mich ruhig an; laß mich mein ganzes Herz vor Dir ausschütten. Der Bischof von Münster hat den Achtbrief wider mich in der Hand. Heute Morgen hat er es mir selbst geschrieben. Er wartet nur mit dessen Bekanntmachung und Vollstreckung, mit der er vom Kayser beauftragt ist, bis sich

Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_195.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)