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Zugleich war er mitten unter den Reisigen Zurmühlens, und hieb mit blinder Wuth um sich her; Zurmühlen wollte sich ihm entgegenwerfen und so das Zeichen zu einem allgemeinen Gefechte geben; allein seine Reisegefährtin hielt ihn plötzlich zurück, und drängte, statt seiner, sich dem fremden Ritter entgegen, indem sie rief: Diesen Kampf laßt mich auskämpfen! – Zugleicher Zeit schlug sie ihren Schleyer zurück, und zeigte ein glänzendes, freudiges Gesicht, und rief mit freudiger Stimme: Vater! Hermann! seyd Ihr es?

Da ließ der fremde Ritter verwundert Arm und Schwert sinken, und alle die Seinigen thaten desgleichen. Ein Ritter aber, der ganz hinten im Zuge war, eine hohe, Ehrfurcht gebietende Gestalt, mit einem schönen, aber vom Grame gefürchten Gesichte, drängte durch die, ehrerbietig ihm Paltz machenden Knappen sich durch, warf sich rasch vom Pferde, und zog die Dame, die ebenfalls bey seinem Anblicke schnell von ihrem Zelter gesprungen war, mit dem lauten Ausrufe der Freude: meine Tochter! an seine Brust.

Es war der Burggraf Burchard von Stromberg, der hier seine Tochter wiederfand.

Lange hielt die Gräfin den greisen Vater stumm umarmt; dann wandte sie sich an den jungen Ritter mit dem Balken, und reichte ihm mit liebreicher Miene ihre Hand. Willkommen, Hermann von Morrian; sagte sie, leise bey dem Namen erröthend; Ihr kanntet mich wohl nicht? –

Bey Gott nicht, theure Gräfin! versicherte der Jüngling, indem er mit einem zärtlichen Blicke die dargebotene Hand drückte. Doch rasch wandte er sich nach Zurmühlen und dessen Reisigen um, die still diesem

Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_182.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)