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aber auch keine Beschwerden und keine Verfolgungen, an welchen Beyde es ihm nicht fehlte. Denn nicht nur mußte er die beschwerlichsten Gänge machen, Hunger und Durst, Kälte und Nässe ertragen, um nur immer seinen Zweck verfolgen zu können, sondern auch von manchen Seiten fand er Anfeindungen gegen sein frommes Vorhaben. So z. B., als er einst auf einem schmalen Steg über die Ruhr gehen wollte, verhöhnte ihn Jemand als einen Schwärmer, faßte ihn an, ergriff sein Marienbild und warf es in den Fluß Da gerieth der fromme Mann in große Angst, und glaubte, nun sey sein Unternehmen und alles verloren. Doch rief er inbrünstig die Mutter Gottes um ihren Schutz an, und in demselben Augenblicke sah er das Bild gegen den Strom an wieder auf sich zu schwimmen, wo er es denn mit freudiger Danksagung wieder ergriff, und nun, nach Bekehrung der Spötter, mehr Gaben erhielt, als vorher. Ein ander Mal, als er sich in dem Städtlein Menden aufhielt, und daselbst an der Straße ein Gezelt errichtet hatte, in welchem er sein Bild aufstellte, und durch dessen liebreiches Antlitz die Vorübergehenden zu reichlichen Gaben bewog, trat ein gewisser Bürger der Stadt auf, welcher die Aufsicht über die Kirchengüter hatte, schmähete den Bertoldus, daß er die Einkünfte der Kirchen der Stadt verringere, schimpfte ihn, und unterwand sich sogar, sein Gezelt nebst dem Marienbilde umzustoßen. Aber für diesen Frevel wurde der Verwegene auf der Stelle bestraft; denn indem er wieder weiter gehen wollte, konnte er das nicht, und der Fuß, mit dem er das Bild umgestoßen, war ihm gänzlich verdorret. Da vergalt Bertoldus nicht Böses mit Bösem, sondern

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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_151.png&oldid=- (Version vom 29.12.2019)