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hatten und die er für Jesus Maria erkannte. Beyde maßen mit einem Stricke einen Platz ab. Am andern Morgen fand er daselbst ein rothes Seil.

Da erkannte er in freudiger Demuth, den göttlichen Willen, und er ließ auf dem abgemessenen Platze ein Frauenkloster erbauen. Seine älteste Tochter wurde darin Abtissin, und die übrigen Eilf, Nonnen.

Das Stift Gevelsberg ist bekanntlich an der Stelle entstanden, wo der Erzbischof Engelbert von Cöln im Jahre 1225 von den Leuten seines Vetters, des Grafen Friederich von Isenburg erschlagen ist. Bald nach dieser That sah man daselbst nemlich mehrere Erscheinungen. Unter anderen sah ein Schmid von Schwelm, der in einer finstern, stürmischen Nacht des Weges kam, allda ein helles, glänzendes Licht, das mehrere Ellen hoch aus der Erde hervorkam und die ganze Gegend beleuchtete, und weder von dem Regen noch von dem Winde verlöscht werden konnte, sondern nicht einmal bewegt wurde. Ferner, nachdem dieses bekannt geworden, ließ ein Gichtbrüchiger aus Schwelm sich an den Ort tragen, verrichtete dort sein Gebet und fühlte sich auf der Stelle gänzlich geheilt. Dieses, und noch andere Umstände gaben den göttlichen Willen zu erkennen, daß hier eine Kirche und ein Kloster gebauet werden sollten, und man errichtete beyde im Jahre 1251.

So erzählt man sich auch viele Erscheinungen und Wunderwerke, welche die edlen Brüder Gottfried und Otto von Kappenberg bewogen haben, ihre weltlichen Kleider mit geistlichen zu vertauschen, aus ihrem Schlosse ein Kloster zu machen, das glänzendste Westphalens, und alles ihr Hab und Gut der Kirche zu schenken.

Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_146.png&oldid=- (Version vom 29.12.2019)