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Menschen und Pferde aber sahe man nichts als den Schatten.

Nun trug es sich zu, daß auf diesem Hause ein Küchenjunge war, welcher begierig diesen Vollmar, wenigstens seine Fußstapfen zu sehen, hin und wieder Erbsen und Asche sträuete, um ihn solcher Gestalt fallend zu machen. Allein es wurde sein Vorwitz sehr übel bezahlet; denn auf einen gewissen Morgen, als dieser Knabe das Feuer anzündete, kam Vollmar, brach ihm den Hals und hieb ihn in Stücken, da er die Brust an einen Spieß steckte und briet, etliches röstete, das Haupt aber nebst den Beinen kochte.

Als der Koch bey seinem Eintritt in die Küche dieses erblickte, wurde er sehr erschrocken, und wollte sich fast nicht in die Küche wagen. Sobald die Gerichte fertig, wurden solche auf Vollmars Kammer getragen, da man dann hörte, daß sie unter Freudengeschrey und einer schönen Musik verzehret wurden. Und nach dieser Zeit hat man den König Vollmar nicht mehr verspüret. Ueber seiner Kammerthür aber war geschrieben, daß das Haus künftig so unglücklich seyn solle, als es bisher glücklich gewesen; auch daß die Güter versplittert und nicht eher wieder zusammen kommen sollten, bis daß drei Hardenberge vom Hardenstein am Leben seyn würden. Der Spieß und Rost sind lange zum Gedächtnisse verwahrt, aber 1651, als die Lothringer in diesen Gegenden hauseten, weggeplündert worden; der Topf aber, der auf der Küche eingemauert, ist noch vorhanden.

(v. Steinen IV. S. 777–779.)
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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_115.png&oldid=- (Version vom 9.9.2019)