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was er bietet, freudigst überrascht sein, und wer ihn kennt, lenkt seine Schritte wiederholt zu ihm.

An den Butterberg bei Bischofswerda knüpft sich so manche geschichtliche Erinnerungen, so manche Sage. Wiederholt wurden die Bewohner unseres Vaterlandes von der verheerenden Pest heimgesucht, auch die Bewohner der friedlichen Lausitz blieben nicht verschont. Jahre hindurch wütete die Pest in Bischofswerda und in der weiteren Umgegend, am schrecklichsten von 1577 bis 1586. Nicht weniger als 600 Personen starben damals in dem kaum viel über 1000 Einwohner zählenden Städtchen. Um die weitere Ausbreitung der verheerenden Pest zu verhindern, wurden die Gassen der Stadt mit Brettern verschlagen. Niemand aus den umliegenden Dörfern wagte es damals, nach der Stadt zu gehen, und doch waren die Bürger von Bischofswerda auf die Landbewohner angewiesen. Sie brauchten ja von diesen allerhand Lebensmittel. Man wußte da aber Rat. Als an den Markttagen niemand mehr von den Dorfbewohnern zur Stadt kam, wurde oben auf dem Butterberge der gewöhnliche Markttag abgehalten, vor allen Dingen der sogenannte Buttermarkt. In einer langen Reihe waren hier Wassergefäße aufgestellt, in welche die Butterempfänger das Geld für die gekaufte Butter werfen mußten. Dasselbe wurde darauf von den Händlern mit Besen gewaschen und so von etwaigem Schmutze und Krankheitsüberträgern gereinigt. Auf diese Art und Weise wollte man sich vor der ansteckenden Pest schützen, da das Geld vorher mit Pestkranken doch in Berührung gekommen sein konnte. Die Butter wurde dann den Käufern aus der Stadt von weitem mittels Krücken zugeschoben. So kamen Händler und Käufer in nicht zu enge Berührung. Seit jener Zeit soll dieser Berg den Namen „Butterberg“ führen. – Eine andere Namensdeutung ist folgende: Der Name „Butterberg“ erinnert an die Zeit, da noch die Wenden die Herren in dieser Gegend waren und die Götter derselben auf den Bergen der Lausitz angebetet wurden. Der Name Butterberg ist abgeleitet von dem Worte Jutebog oder Jutrow. Jutebog oder Jutrow war bei den Wenden der Gott der Morgenröte oder des Sonnenaufganges. Unter dem Butterberge bei Bischofswerda haben wir einen jener Berge vor uns, auf denen einst die wendische Gottheit Jutebog oder Jutrow verehret wurde. Aus dem Worte Jutrow entstand später der Name Butrow, und die Wenden nannten jenen Berg, auf dem man dem Gotte der Morgenröte und des Sonnenaufganges Opfer darbrachte, Butrowberg, woraus mit der Zeit die Bezeichnung Butterberg entstand. –

Wie die Bewohner der umliegenden Dörfer sich erzählen, sollen im Inneren des Butterberges unermeßliche Schätze vergraben liegen, die von Zwerglein gehütet werden. Alljährlich zur Johannisnacht, wenn man die Sonnenwendfeuer auf den Bergen der Lausitz anzündet, ist der Berg geöffnet, und wer zur selbigen Stunde nach dem Butterberge kommt, kann den Eingang zum Innern des Berges finden, hineingehen und von den hier aufgehäuften Schätzen mit sich nehmen, soviel er nur will!

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 476. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_476.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)