Seite:Was die Heimat erzählt (Störzner) 372.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
157. Es erscheint ein Engel.

In Steinichtwolmsdorf bei Neustadt wütete zur Zeit des 30jährigen Krieges in verheerender Weise die schreckliche Pest. Das war besonders der Fall im Jahre 1632. Dieses Jahr bezeichnet der damalige Pfarrer des Ortes, M. Johann Kettner, im Kirchenbuche als das „Angst-Jahr.“ Auch das achtjährige Töchterchen des Pfarrers, Anna Regina, erkrankte plötzlich an der Pest. Damit nun die übrigen Bewohner des Pfarrhauses nicht auch von der Pest heimgesucht würden, trug man das erkrankte Kind hinaus in das freie Feld. Unter einem grünen Baume wurde ihm das Lager bereitet. Hier hatte man das Bettchen aufgestellt. Da bemerkten die Leute, wie neben dem Krankenbette der Anna Regina ein kleines Kind, das mit einem schneeweißen Kleide angetan war, eine Zeitlang stand und gleichsam Wache hielt. Es wich nicht vom Krankenlager. Erst als die kleine Anna Regina starb, verschwand das fremde Kind, und es wurde nicht wieder gesehen. Des Pfarrers Töchterlein war mit vielen anderen im Orte ein Opfer der Pest geworden, und es wurde lange beweint von den betrübten Eltern, die aber den Trost hatten, daß es von einem Engel heimgeholt worden war in das himmlische Vaterhaus.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_372.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)