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stromabwärts, und zusammengebundenes Bauholz drängte sich an die Brücke. Auch hölzerne Türschwellen, Haustüren, ja selbst einzelne Bettstellen kamen auf dem Wasser daher, ein Zeichen, daß im oberen Elbtale die Flut schon mancherlei Schaden und viel Verheerung angerichtet haben mußte. Im „italienischen Dörfchen“ am Theaterplatze in Dresden wurden die unteren Zimmer geräumt, in welchen nunmehr das Wasser seinen Einzug hielt. Gegen Mittag des 30. März betrug der Wasserstand der Elbe unter der Augustusbrücke beinahe 6 Meter. Die Elbe war bereits in die Stadt gedrungen. Es war schwer, vom Georgentore zur Brücke hinüberzukommen; denn schon drang das Wasser überall heran, und es war zu fürchten, daß der ganze Platz zwischen dem Schlosse und der katholischen Hofkirche beim weiteren Steigen des Wassers ein See werden mußte.

Marktplatz zu Meißen um 1850.

Der Zwinger begann bereits einem Teiche zu gleichen, mitten aus den Fluten erhob sich die Statue Friedrich August des Gerechten. Wer nach der Brücke und über dieselbe gehen mußte, konnte das nur mit der größten Vorsicht und Gefahr tun. Er hatte einen förmlichen See zu durchwaten. Es wurde nun dafür gesorgt, daß der Andrang auf der Brücke möglichst verhindert werde. Freilich, es war ein großartiges Schauspiel, das man von der Brücke aus genoß. Furchtbare Sturzwellen und Tausende von Eisschollen trieben stromabwärts und brachen sich an den steilen Pfeilern der Brücke, die infolge des heftigen Anpralles oft zu beben schienen. Dessenungeachtet fuhren noch immer Kutschen und andere Wagen über die bedrohte Brücke.

Der auf dem linken Elbufer liegende Stadteil „Friedrichstadt“ war vollständig unter Wasser gesetzt. Inselartig erhoben sich die Häuser aus den Fluten empor. Auch die am rechten Elbufer liegende „Antonstadt“ war zum Teil überschwemmt. In der „Neustadt“ war der damalige „Palaisplatz“

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_329.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)