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am Geländer stehen zu lassen, damit jedes Gedränge vermieden werde. Am 28. März wuchs der Wasserstand nur um ein Geringes, doch trieben gewaltige Eisschollen auf dem Wasser. Das Schlimmste befürchtete man noch nicht. Als aber am 29. März die Wasserhöhe um 2 Meter wuchs und somit der Wasserstand 4 Meter betrug, vermehrten sich doch die ängstlichen Gesichter. Der 30. und 31. März sollten das Unglück bringen. Derselbe Strom, der vor wenigen Tagen noch eine Brücke bildete, die der Winter gebaut hatte, und sonst nur eine Freude und eine Wohlfahrtsquelle derer ist, die an seinen reizenden und fruchtbaren Ufern in zahlreichen Dörfern und Städten wohnten, ward plötzlich zu einer Flut, die hoch über die Ufer und sich weithin reißend verbreitete. Die eingetretene Hochflut erreichte nicht etwa nur die nahegelegenen Felder und Wiesen, sondern sie wälzte sich, wo es anging, weit in das Land hinein und reichte hoch hinauf in die sonst gänzlich gesichert scheinenden Wohnungen der Menschen, so daß viele kaum das Wertvollste ihres beweglichen Eigentums in Sicherheit bringen konnten und nur darauf bedacht sein mußten, sich selbst und die Ihrigen zu retten. Da mußte der Sonntag – es war der 30. März – zu einem Tage der Angst und der Erschöpfung werden. Auf ihn folgte auch noch eine stockfinstere Nacht, während welcher die Flut immer höher stieg, so daß das furchtbare Rauschen der Wassermassen um so unheimlicher und schrecklicher klang.

Friedhof zu Boritz bei Hochwasser.

In Dresden stieg das Wasser bald von 4 Meter auf 5 Meter. Unter unheimlichem Brausen wälzten sich die Wellen durch die Bogen der Augustusbrücke. Sie führten fortgeschwemmte Stämme, Balken und gezimmertes Bauholz mit sich. Ganze Staketenzäune zerstörter Gärten schwammen

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 328. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_328.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)