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entwickelt und zog elbabwärts. Doch hielt dies die braven Wehlener nicht ab, das Haus des Herrn, wohin eben die Glocken riefen, zu besuchen. Die Bewohner des Städtchens sammelten sich, wie sie es gewohnt waren, zum Gottesdienste. Sie zogen hinauf ins Gotteshaus, das damals am Abhange des Berges stand und achteten nicht auf den immer dichter fallenden Regen und auf die schwarzen drohenden Wolkenmassen, welche über die Berge hereinzogen. Die Glocken waren verstummt, die Orgel ertönte, und bald durchbrauste der Gesang: „Allein Gott in der Höh’ sei Ehr!“ die Kirche.

Die alte Kirche in Stadt Wehlen im Jahre 1882, ein Jahr vor dem Abbruch.

Die Andächtigen vernahmen nicht das Nahen des Gewitters. Der Donner rollte immer dumpfer, und der Regen schlug, vom Sturm getrieben, an die Fenster des Gotteshauses. Es wurde dunkler und dunkler. Nur mit Mühe konnten die Singenden die Schrift im Gesangbuche erkennen. Grelle Blitze leuchteten und erhellten von Zeit zu Zeit das Innere des altehrwürdigen Kirchleins. Niemand aber verließ das Gotteshaus; jetzt verstummte der Gesang, und die Orgel schwieg. Auf der Kanzel erschien aber heute kein Diener des Herrn. Eine dringende Amtsverrichtung hielt ihn fern. Ihn vertrat der Kantor Märkel, der vom Altarplatze aus eine Predigt vorlas. Sie behandelte das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Kantor Märkel

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 319. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_319.jpg&oldid=- (Version vom 30.12.2019)