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141. Ein Schreckenstag in der Geschichte der Stadt Wehlen.

Durch die Täler und Schluchten der „Sächsischen Schweiz“ hüpfen viele muntere Bächlein, die alle der Mutter Elbe zueilen. An der Mündung dieser klaren und hellen Gebirgsbäche liegt gewöhnlich in reizvoller Umgebung ein Städtchen oder Dörfchen. Die meist weinumrankten Häuser spiegeln sich im rauschenden Elbstrom, und den Hintergrund des lieblichen Landschaftsbildes bilden riesengroße Sandsteinfelsen, die natürlichen Schutz- und Trutzmauern der Gegend.

Stadt Wehlen um das Jahr 1830.

Auch die Stadt Wehlen am rechten Elbufer liegt am Eingange eines Grundes, durch den ein unscheinbares Bächlein sich mühsam Bahn bricht. Jedem, der die Sächsische Schweiz bereist hat, ist der tiefe Grund mit seinen überhängenden und gewaltigen Felswänden bekannt; es ist der Uttewalder Grund, der von Wehlen aus bis hinauf nach Uttewalde und Lohmen sich erstreckt. In früheren Zeiten war dieser Grund fast unzugänglich, heute kann man ihn auf einem bequemen Wege durchwandern. Hier und da, besonders in der Nähe des sogenannten „Felsentores“, führt der Pfad zu wiederholten Malen über das Bächlein, das sich aber nur im zeitigen Frühjahr und zu Regenzeiten bemerkbar macht. Im warmen Hochsommer ist der unscheinbare Bach vertrocknet, und man hält es kaum für möglich, daß er, wie die Bewohner Wehlens erzählen, einmal fast die ganze Stadt verheert habe.

Es war am 1. September des Jahres 1822, an einem Sonntage. Am frühen Morgen lag auf den Bergen und über den Tälern der ganzen Sächsischen Schweiz ein dichter Nebel, der sich bald in Regen auflöste. Vergeblich versuchte die Sonne das Gewölk zu durchbrechen. Da vernahm man ein dumpfes Rollen. Es donnerte in der Ferne. Ein Gewitter hatte sich

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_318.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)