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128. Der einsame Stein bei der „Roten Mühle“.

Zwanzig Minuten westlich von der Stadt Kamenz entfernt liegt das schmucke Dorf Lückersdorf. Zwischen beiden Orten befindet sich die „Rote Mühle.“ Wenige Schritte von derselben entfernt sieht man ein verwittertes Steinkreuz, das halb in die Erde versunken ist. Dasselbe wird im Volksmunde als der einsame Stein bezeichnet. An ihm soll früher die Jahreszahl 1390 deutlich zu erkennen gewesen sein. Heute ist von einer solchen allerdings nichts mehr zu sehen. Der einsame Stein erinnert nach der Sage an einen wunderbaren Vorgang. In Lückersdorf lebte einst ein Bauer. Derselbe war, trotzdem das Christentum in der Kamenzer Gegend schon lange seinen Einzug gehalten hatte, noch heimlich ein Heide. Er besuchte wohl den christlichen Gottesdienst, aber sein Herz hing noch den heidnischen Göttern an. Ihnen diente er auch auf den Bergen. Da aber sollte er von Gott für seine Lügen bestraft werden und erfahren, daß Gott sich nicht spotten läßt. Als jener Bauer einst in der Nähe der heutigen „Roten Mühle“ auf dem Felde beschäftigt war, da fuhr plötzlich aus dem völlig heiteren Himmel ein greller Blitzstrahl nieder und erschlug den Frevler. Tot fanden ihn die Seinen auf. Sie begruben ihn an selbigem Orte und errichteten auf seinem Grabe jenes Steinkreuz, den einsamen Stein, der da den Vorübergehenden sagen will: „Irret euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten!“


129. Das Kreuz bei Schwosdorf.

Zwischen Kamenz und Königsbrück liegt am östlichen Fuße des „Breiten Berges“ Schwosdorf. Auf einer kleinen Anhöhe westlich von diesem Dorfe steht ein steinernes Kreuz. In dasselbe sind ein Husarensäbel und die Jahreszahl 1745 eingehauen. Hier soll im genannten Jahre ein Husar, der von seinem Regimente heimlich entwichen war, aber wieder festgenommen ward, an einem Schnellgalgen aufgehängt worden sein. Den Stein errichteten ihm seine Kameraden zur Warnung für jeden, der den Fahneneid bricht.

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_285.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)