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gekleidete Jungfrauen, mit Kränzen geschmückt, Töchter des Vereins, Blumenkörbchen tragend, so wie die schwarz gekleideten Vertreter des Vereins, nebst mehreren hohen Staatsbeamten und Militärs, standen versammelt in der Nähe des Berghäuschens,[WS 1] wozu auch fast alle Greise der nächsten umliegenden 8 Dörfer, begleitet von ihren Gerichtspersonen, traten. Vom Häuschen herab stimmte unter vollster Musikbegleitung ein Gesangschor das Morgenlied an: „Dank Dir, das Dunkel ist vergangen!“ Hierauf zogen unter sanfter Musikbegleitung die sämtlich hier Aufgestellten, die Jungfrauen voran, das Sängerchor beschließend, paarweise zu dem von den Fahnen der Schützen bewehten und von ihnen selbst im Halbkreise umschlossenen Laubthrone. Einen entgegengesetzten Halbkreis bildend, standen jetzt die Jungfrauen vor diesem Throne, und ihre beiden Anführerinnen legten opfernd einen Kranz auf den Altar. Der nun zu Dresden verstorbene Hofrat Böttger betrat die linke Seite der Bestufung als Redner und schloß mit den Worten:

„Das ganze Land ist eine Opferflamme!
Heil unserm König! Heil dem ganzen Stamme!“

Nachdem die Musik hier kräftig eingefallen war, traten die beiden jugendlichen Priesterinnen dem Bilde des Königs näher, und eine derselben, den vom Altare genommenen Kranz in der Hand, sprach mit sehr gelungenem Vortrage ein Gedicht. Bei den Worten: „Streuet Blumen aus, Schwestern!“ stellten die Jungfrauen durch das Ausschütten ihrer Blumenkörbchen einen dem Hochgefeierten zu Füßen gelegten, lebenden reizvollen Blumenkranz dar, wobei die Rednerin mit Hilfe ihrer Gefährtin das Jubelbild mit dem Opferkranz krönte, und bei Vollmusik ertönte aus aller Munde der Festgesang: „Heil Dir im Jubelkranz, Vater des Vaterlands, Heil König Dir!“ – Hierauf brachte der Hofrat Böttger dem Jubelkönige ein dreimaliges Lebehoch, in welches die Menge freudig einstimmte, wobei die Schützen präsentierten und 101 Kanonenschüsse fielen. –

Nach dieser Feierlichkeit wurden die Tafeln geordnet, wo das Ganze einem wohlversorgten Lustlager glich, und wo Tausende ihre Pokale auf ein noch recht langes Leben des geliebten Königs erhoben und leerten. Herrliche Toaste wurden durch den Hofrat Böttger und andere ausgebracht. Nachmittags gegen 4 Uhr stellten sich die Greise nochmals vor das Bild des Königs, und nachdem der Schullehrer Hapatzky aus Oberlichtenau eine Rede gesprochen hatte, stimmten die Greise das Lied an: „Nun danket alle Gott!“ – Das Musikchor fiel mit ein, sowie tief ergriffen die ganze Umgebung. Nachdem die Sonne sich geneigt und auch den Berg nebst seinem Festvereine in Dunkel gehüllt hatte, wurde durch fünf Kanonensalven der Anfang eines Feuerwerks verkündet, bei dessen Beschluß über einem in Blau brennenden Vivat des teuren Königs Name flammte. Hierauf folgte im Saale ein glänzender Ball, und auch im Waldhäuschen bewegten sich fröhliche Tänzer. Den ganzen Berg beleuchtete bis zur Dämmerung des nächsten Morgens ein brennender Holzstoß, und nah und fern brannten zugleich auf Sachsens Höhen himmelansteigende Opferflammen.“ –

An diesem Jubeltage wurde dem Berge der Name „Augustusberg“ gegeben. –

Um den Keulenberg hat die Sage einen lieblichen Kranz geflochten. Wie schon erwähnt, führte der Augustusberg in frühesten Zeiten den Namen „Radewitz.“ Damals soll der Berg eine altheidnische Opferstätte gewesen sein. Auf dieser Höhe stand ein Altar des Wendengottes Radegast.


  1. Vorlage: Berhäuschens
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_268.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)