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121. Der Mönch an der Hausecke der Budißiner Gasse Nr. 91 in Kamenz.

Am Eckhause der inneren Bautzener Straße und der Oberanger Gasse in Kamenz ist eine türgroße Steinplatte eingemauert. Auf derselben sind das Bildnis eines Mönches in schwarzer Kutte und das Wappen des Erzbistumes Mainz, ein Rad, ausgehauen. In der Hand hält der Mönch den Rosenkranz. Die Schrift, von welcher die Figur umgeben ist, ist sogenannte Mönchsschrift und als solche schon nicht leicht zu enträtseln. Sie besagt, daß diese eingemauerte Steinplatte der Leichenstein des Ratsherrn und Schuhmacherältesten Hans Wagner gewesen ist, der einst in diesem Hause wohnte und als Eigentum es besaß. Die Umschrift lautet:

„Nach Christi unsers Herren Geburth 1500 und im 4ten Jare ist gestorbe Hans Wagner dem Got gnade.“

Der Volksmund nennt die an jenem Hause befindliche Figur den „Mönch“ und hält sie für das Standbild des Mönches Berthold Schwarz, des Erfinders des Schießpulvers. Einen in der Sankt Annenkirche zu Kamenz befindlichen Grabstein, den eine Kanone zieret, hält man für den Grabstein desselben. Jene Grabstätte in der Wendischen Kirche, die man auch die Sankt Annenkirche nennt, ist aber die eines Kamenzer Büchsenmachers, mit Namen Max Gottmann, der im Jahre 1508 starb und in der Sankt Annenkirche, der ehemaligen Klosterkirche von Kamenz, begraben liegt.


122. Der Keulen- oder Augustusberg.

Zu den schönsten Höhen im lieblichen Berglande der westlichen Lausitz Sachsens gehört der sagenumsponnene Keulen- oder Augustusberg. Er ist von Pulsnitz aus nach zweistündiger Wanderung in nördlicher Richtung bequem zu erreichen und erhebt sich unweit des Kirchdorfes Oberlichtenau. Seine Höhe über dem Meeresspiegel beträgt 413 Meter. Die ihn umgebenden Täler liegen 200 Meter tiefer als sein Gipfel, so daß der Keulenberg dem Wanderer Achtung abzwingt. Auf die Höhe des Berges führen gute Wege, die durch Wegweiser und Kalkanstriche genügend gekennzeichnet sind, so daß ein Verirren ausgeschlossen ist. – Der Keulenberg besteht aus zwei Kuppen, dem großen und dem kleinen Keulenberge. Beide liegen gegen 20 Minuten auseinander und sind durch einen Sattel verbunden. Aufgebaut ist der Berg aus Granit, der hier und da in gewaltigen Felsenmassen zu Tage tritt. Nadelwald bedeckt ihn über und über, doch ziehen sich an einzelnen Stellen Feldstreifen weit hinauf. Alte Leute bezeichnen den Berg schlechtweg als den „Keulen“. In frühesten Zeiten nannte man ihn „Radewitz“. Von jeher ist dieser Berg berüchtigt durch seine Sagen von Berggeistern, die einst hier gehaust haben sollen. Seit dem Jahre 1818 führt der Keulenberg zur Erinnerung an Friedrich August den Gerechten, den ersten König von Sachsen, auch den Namen „Augustusberg“. Doch

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_261.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)