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109. Der Heilige Berg bei Bischheim.

Wer mit der Eisenbahn von Dresden aus über Arnsdorf nach Kamenz fährt, berührt auf dieser Fahrt auch die Haltestelle Bischheim, die letzte Station vor Kamenz. Etwas nordöstlich vom Bahnhofe zu Bischheim durchschneidet der Schienenstrang jene Hügelreihe, welche sich von Elstra aus in nordwestlicher Richtung nach Bischheim zu herüberzieht, und die bei Bischofswerda und Rammenau ihren Anfang nimmt. Zur Linken von der Bahnlinie, also nordwestlich, erhebt sich der „Wüste Berg“, diesem gegenüber, südöstlich von der Bahn, liegt eine bewaldete Höhe, der „Heilige Berg“ genannt, der zwischen Bischheim, Gersdorf und Hennersdorf sich ausbreitet. Derselbe bildete in früheren Jahrhunderten das allgemeine Wanderziel frommer Menschen, und auch heute noch wird er nicht selten aufgesucht, da er eine wundervolle Aussicht bietet. Dieser Berg wurde vom Bischof Gero oder Gerung, der von 1152 bis 1170 den Bischofsstuhl zu Meißen innehatte, zu einem „Heiligen Berge“ erhoben und zwar aus folgendem Grunde:

Zu der Zeit, da diese Gegend noch kein christliches Land war, waren die heidnischen Priester dem Volke auch Aerzte. Die damaligen Heiden suchten bei körperlichen Leiden Hilfe bei den Priestern und Priesterinnen. Nachdem das Christentum eingeführt worden war, erkannte das Volk die christlichen Priester ebenfalls zugleich auch als Aerzte mit an. „Obgleich diese christlichen Priester die Heilmittel der Natur nicht kannten, so bestärkten sie doch mit vielem Fleiße den Glauben an ihre Wunder- und Zauberkräfte, täuschten die Hilfesuchenden durch allerlei Orakelsprüche, bestrichen die Wunden mit heiligen Stäben, bekreuzten sie, legten die Hände auf sie, und nährten so den Aberglauben der Zeit um eitler Ehre und um des Gewinnes willen; denn sie ließen sich dafür gut bezahlen. Oder sie verordneten, daß die Kranken eine gewisse Anzahl von Gebeten hersagen sollten, besprachen oder beschworen sie; ließen sie die Heiligenbilder küssen; hingen ihnen Amulete (Bann- oder Schutzmittel gegen Zauberei und Krankheiten) an, besprengten sie mit Weihwasser. Es hatten sich aber unter dem Volke die Sagen von den Wundertaten der alten Heidengötter,

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_235.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)