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93. Sage von der Erbauung der Kirche zu Oberhelmsdorf.

Eine halbe Stunde westlich von der weithin sichtbaren Bergstadt Stolpen liegt unten im Tale der Wesenitz das Kirchdorf Helmsdorf, bestehend aus den beiden Ortsteilen Ober- und Niederhelmsdorf. Das uralte Gotteshaus dieser Kirchgemeinde steht auffallenderweise nicht, wie das doch gewöhnlich der Fall ist, in der Mitte des Dorfes, sondern außerhalb desselben und zwar am östlichen Ende des Ortes. Ueber die Ursache dieses außergewöhnlichen Standortes der Kirche zu Oberhelmsdorf weiß nun die Sage folgendes zu erzählen:

Helmsdorf um das Jahr 1830.

Ursprünglich hatte man geplant, das Gotteshaus in der Mitte des Dorfes zu errichten, der Bauplatz war bereits bestimmt und zwar in Uebereinstimmung mit allen Ortsbewohnern. Steine und Holz wurden nun angefahren, aber merkwürdig, was an Baumaterial im Laufe des Tages an Ort und Stelle gebracht worden war, das lag jedesmal am anderen Morgen am östlichen Ausgange des Dorfes und zwar da, wo heute die Helmsdorfer Kirche steht. Niemand wußte, wie das zugegangen war. Einige wollten während der Nacht weiße Rosse an jenem Platze bemerkt haben. Als dieser rätselhafte Vorgang einige Male sich wiederholt hatte, da stellte die Gemeinde das Anfahren von Baumaterial ein und beratschlagte, was nun zu tun sei. Man hielt das wunderbare Ereignis für einen Wink vom Himmel, das künftige Gotteshaus da aufzubauen, wohin während der Nacht von unsichtbaren Mächten Steine und Holz gebracht worden waren. So wurde nunmehr die Helmsdorfer Kirche da erbaut, wo sie heute noch steht.

Diese Sage greift entschieden in die heidnische Vorzeit zurück; denn die in der Sage erwähnten weißen Rosse erinnern wohl an das Roß Wodans. Wo heute die Helmsdorfer Kirche steht, befand sich einst ein altheidnischer Opferplatz. An denselben erinnert die Hussitenschanze, von der noch ein Teil vorhanden ist und zwar ein bebuschter, dammartiger Hügel zwischen der

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_209.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)