Seite:Was die Heimat erzählt (Störzner) 187.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
78. Der Schreckenstag von Grossharthau.

Das Schloß zu Großharthau.

Es war am 15. August 1793. Gewitterschwüle herrschte seit den frühesten Morgenstunden. Kein Lüftchen regte sich. Die Blätter der Bäume hingen schlaff an den Zweigen. Die Tiere schlichen träge einher. Die Vöglein verspürten keine Lust zum Singen. Den Menschen lag es bleischwer in den Gliedern. Man ahnte den Ausbruch gewaltiger Gewitter, und es sollte niemand sich getäuscht haben. Schon während der Mittagsstunden, in denen die Hitze geradezu unerträglich war, türmten ringsum gefahrdrohende Wolken sich auf. Immer höher stiegen sie empor, und gegen 2 Uhr nachmittags vernahmen die Bewohner Harthaus den ersten rollenden Donner. Bald verlor die Sonne ihren Schein. Dunkles Gewölk bedeckte den ganzen Himmel. Gegen 4 Uhr nachmittags war es so finster geworden, daß die Leute Licht in ihren Wohnungen anzünden mußten. Wer auf den Feldern war, eilte ängstlich heim. Das Unheimlichste war die vollkommene Stille in der Natur. Es regte sich kein Lüftchen, und das war das Verderbliche! Vom Sturme hoffte man das Zerreißen des schwarzen Wettergewölks. Doch der Sturm blieb aus und regungslos lag das finstere Gewölk über der ganzen Gegend. Kurz nach 4 Uhr brach das Gewitter endlich los. Ein greller Blitz fuhr hernieder, der alles auf einige Sekunden tageshell erleuchtete. Ihm folgte ein furchtbares Krachen. Wie im Nu öffneten sich aber auch alle Schleusen des Himmels, und in förmlichen Strömen stürzte der Regen nieder. Der Blitzstrahl war in die Stall- und Wirtschaftsgebäude des Schlosses gefahren, und in kurzer Zeit standen sie über und über in Flammen. Nun folgten Blitz auf Blitz und Schlag auf Schlag. Die Leute verstanden kaum ihre eigenen Worte. Ein geradezu sinnenbetäubendes Krachen und Donnern erfüllte die Luft, dazu gesellte sich das unheimliche

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_187.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)