Seite:Was die Heimat erzählt (Störzner) 141.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

derselben. Bischof Johann IV.[WS 1] vererbte in solcher Absicht im Jahre 1428 ein Vorwerk in der Altstadt und verordnete einen gewissen jährlichen Zins, der den Altaristen der Schloßkapelle mußte gereicht werden, wie solches schon sein Vorfahrer Bischof Rudolph[WS 2] zu tun die Absicht hatte, der aber darüber verstorben war, ehe das Werk zu stande gebracht werden konnte.“ –

Die Schloßkapelle war außerdem mit Reliquien der Heiligen reichlich versehen. Diese Sammlung wurde aber noch mehr bereichert, als im „Meißnischen“ die Reformation eingeführt worden war und der damalige Bischof nach Stolpen, das noch viele Jahre papistisch war, sich zurückzog. Aus Meißen flüchtete er hierher mit all’ seinen Heiligtümern. Diese Reliquien blieben in der Sankt Barbarakapelle natürlich nur solange, als Stolpen noch in den Händen des Bischofs war.

Bisher war die Schloßkapelle zum öffentlichen Gottesdienste gebraucht worden. Es trat hierin aber im Jahre 1559, in welchem Jahre die Reformation in Stolpen eingeführt wurde, eine Änderung ein. In der Schloßkapelle wurde von jetzt ab kein öffentlicher Gottesdienst mehr abgehalten, außer wenn der Kurfürst in Stolpen weilte. Aber im Jahre 1660 ward auf ergangenen gnädigsten Befehl des durchlauchtigsten Kurfürsten Johann Georg II.[WS 3] durch Vermittelung des damaligen Kommandanten und Amtshauptmannes von Schweinitz die Anordnung eines wöchentlichen Gottesdienstes in der Schloßkapelle getroffen. Nunmehr wurde jeden Dienstag eine Predigt von einem der drei Geistlichen Stolpens wechselweise in der Schloßkirche gehalten. Außerdem hatte der Pastor am 3. Feiertage zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten zu predigen. Der damalige Superintendent zu Bischofswerda, D. Andreas Kühn, hielt am 27. November 1660 die erste von diesen neuangeordneten wöchentlichen Dienstags-Predigten in der Sankt Barbarakapelle und zwar über Psalm 27, 4.

Geschichtliches Interesse hat die Schloßkapelle zu Stolpen noch dadurch, daß Kurfürst Vater August in derselben seinen 8. Sohn, den Prinzen „Adolf“, taufen ließ. Prinz Adolf erblickte auf Schloß Stolpen das Licht der Welt. Hier hielt sich das Fürstenpaar gern und wiederholt auf. Hierher war der Kurfürst mit seiner Gemahlin vorher zu längerem Aufenthalt gezogen. Am 6. Juni 1571 wurde Prinz Adolf auf Burg Stolpen geboren und wenige Tage darauf in der Schloßkapelle getauft. Die Taufzeugen waren: D. Preucer, Dominus Magister Philippus und die Frau Doktor Refin. Das Wochenbett der Kurfürstin Mutter Anna war im 18. Jahrhunderte noch im Schlosse zu sehen.

In neuerer Zeit hat die in Trümmern liegende Schloßkapelle zu Stolpen die Aufmerksamkeit der Besucher dadurch auf sich gelenkt, daß man im Jahre 1883 in ihr die langgesuchte Gruft der im Jahre 1765 verstorbenen Gräfin Cosell[WS 4] wieder aufgefunden hat. Diese Grabstätte ist gegenwärtig durch eine Steinplatte mit eingegrabenem Kreuze gekennzeichnet. Eine auf dem Sarge befindliche Kupferplatte trug folgende Inschrift:

„Hier ruhet in Gott und erwartet die fröhliche Auferstehung die hochgeborne Frau Anna Constanze, Reichsgräfin von Cosell, geb. von Bruckdorf. Sie erblickte das Licht dieser Welt Anno: 1680 den 18. Okt. auf dem Erbgute Depenau in Holstein. Ihr Herr Vater war der weil. wohlgeb. Herr Joachim von Bruckdorf, hochbestalt gewesener Oberster über ein dänisches Kürassier-Regiment. Ihre Frau Mutter war die hochgeborne Frau Anna Margarethe, geb. Gräfin von Marselli. Ihr Herr Großvater von mütterlicher Seite war der wohlgeborne Herr Detehoff von Burgdorf, ebenfalls in dänischen Diensten,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Johannes Hoffmann von Schweidnitz, Bischof von Meißen (1427–1451)
  2. Rudolf von der Planitz, Bischof von Meißen (1411–1427)
  3. Johann Georg II. (1613–1680), Kurfürst von Sachsen
  4. Anna Constantia Reichsgräfin von Cosel (1680–1765), Mätresse Augusts des Starken
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_141.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)