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trägt. Sie hat eine goldene Krone auf ihrem Haupte und den Mond unter ihren Füßen. Statt des gewöhnlichen Scheines um den Kopf der Heiligen stehen an der Wand folgende Worte mit goldenen Buchstaben: „Ego mater pulchre dilectionis et sancte“ (Ich, die Mutter der schönen und heiligen Liebe). Um ihres Kleides Saum steht ebenfalls eine lateinische Inschrift, wovon man aber nur einige wenige Worte lesen kann: als: – civitas et eternitas – properat – – –. Zu ihrer Rechten steht Sankt Erasmus im bischöflichen Kleide. Um seinen Kopf liest man folgendes: „Gaudete et exultate, quoniam merces vestra copiosa in coelis“. (Freut Euch und seid fröhlich, weil Euer Lohn im Himmel überreich sein wird). Zur Linken der Maria steht das Bildnis der Sankt Barbara, die gleichfalls eine goldene Krone auf dem Haupte trägt. Um ihren Kopf findet man folgende Worte geschrieben: „Diffusa est gratia in labiis tuis propter – –. (Groß ist der Dank auf deinen Lippen wegen – –). An ihres Kleides Saum befindet sich abermals eine lateinische Inschrift, von welcher aber nur ein Teil zu lesen ist, nämlich: Regnum et omnem ornatum seculi – risit. Quem vidi, quem amavi, in – “. Unter diesen Bildern, an der niederen Leiste des Altares, stehen folgende Worte: „Regina celi, letare, alleluja, quia, quem meruisti portare, alleluja, resurrexit, ficat, dixit, alleluja, ora pro nobis deume, alleluja“. (Himmelskönigin, freue dich, Halleluja, weil der, den Du zur Welt zu bringen berufen warst, Halleluja, auferstanden ist, Halleluja, bitte für uns den Herrn, Halleluja!). – Über den Bildern, an der oberen Leiste, stehen die Worte: „Filia sum solis, et sum cum sole creata. Ave. Sum decies puinque, sum quinque decemque vocata“. (Ich bin die Tochter der Sonne und bin mit der Sonne geschaffen; zehnmal bin ich, auch fünf und zehn werd ich genannt[1]).

Zu dieser Inschrift bemerkt der Chronist Gercken folgendes: „Diese rätselhaften Ausdrücke beziehen sich ohne Zweifel auf den Mond, den Maria unter ihren Füßen hat, wie oben gemeldet worden. Der Verstand würde also dieser sein: Ich bin der Sonnen Kind (denn der Mond hat sein Licht von der Sonne), zugleich mit ihr gemacht (denn Gott machte zwei Lichter), auf lateinisch heiße ich Lux (ein Licht), welches Wortes und Buchstaben auf obige Weise können gezählt werden. – Wie muß sich nicht der Verfasser den Kopf darüber zerbrochen haben!“ –

Ganz oben am Altare waren folgende Verse zu lesen: O regina poli, mater gratissima proli, Spernere me noli, commendo me tibi soli. (O Himmelskönigin, teuerste Mutter des Herrn, verachte mich nicht, ich befehle mich allein deinem Schutze an!) – Allein der Kurfürst Vater August[WS 1] hat dieselben mit einer blauen Tafel verdecken und dann folgendes Distichon (einen Doppelvers) darauf setzenlassen:

Si vis auctorem, quicumque es posse salutis: Sola salus Christi sangvis et una salus. (Wenn du, wer du auch seist, willst kennen den Schöpfer des Heils, Christi Blut ist nur Heil und das einzige Heil.) – Die beiden Flügel des Altares waren bemalt, und zwar zeigten diese Bilder Vorgänge aus der heiligen Schrift. Der Chronist sagt hierüber:

„Die dabei gebrauchten Farben sehen, der Länge der Zeit ungeachtet, so frisch aus, als ob sie nur ganz neuerlich aufgetragen wären, und das


  1. Hierzu ist erklärend zu bemerken: 10×5=50, römisch mit L bezeichnet; 5=V und 10×X. Diese Zeichen geben zusammengesetzt das lateinische Wort: LVX,=lux, auf deutsch: „Licht“.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. August (1526–1586), Kurfürst von Sachsen
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_139.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)