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allen Orten, trat Tetzel auch in Stolpen in seiner bekannten Art und Weise auf. Luther erzählt einst bei einer Mahlzeit über Tetzel’s Aufenthalt in Stolpen folgendes:

„Da derselbe (Tetzel nämlich) zu Stolpen, wo der Bischof zu Meißen haushält, gepredigt hatte, daß eine Seele erlöset würde, wenn man einen Groschen einlegte, hat ihn einer, des Pfarrern daselbst Vater, gefraget, was er für Müntze wollte haben. Da hat er sich lange bedacht, endlich aber zur Antwort gegeben: „Morgen kommt wieder, so will ich’s Euch sagen!““ –

Die Bischöfe von Meißen traten der Reformation feindselig entgegen. Sie fanden dazu im Herzoge Georg einen starken Rückenhalt. Das wankende Volk suchten sie teils durch Schmähschriften wider Luther, teils durch allerhand Strafandrohungen vom Übertritte abzuhalten. Konnten sie dies nicht im guten erlangen, so scheuten sie auch vor keinerlei Zwangsmitteln zurück. Solches erfuhren vor allen Dingen diejenigen Prediger, die sich zu der reinen evangelischen Lehre bekannten. Diese mußten hierfür in den schaurigsten Gefängnissen des Schlosses Stolpen, die zum größten Teile heute noch erhalten und zu sehen sind, schmachten. Solches geschah mit dem Pfarrer von Lochau, der sich vor Bischof Johann VII. verantworten mußte. Andere aber haben sogar ihr Leben in diesen schauerlichen Gefängnissen um des Glaubens willen lassen müssen. Dies war der Fall mit dem Pfarrer Jakob Seidler aus Glashütte, der am Pfingsttage 1521 zu Stolpen gefangen gesetzt wurde. Auch geschah solches dem „Barfüßer Custos“ aus dem Kloster Sagan in Schlesien. Für ersteren legte die „Wittenbergische Theologie“ bei dem Bischofe unterm 18. Juli Fürbitte ein, doch vergebens. Darum mußten sich diejenigen Geistlichen, die der Lehre Luthers zuneigten, gar sehr vor diesem Bischofe fürchten und zwar umso mehr, wenn sie sich im Gebiete des Herzog Georg befanden. Doch mit dessen Tode trat eine Wendung zum Besseren ein. Das Land fiel an Herzog Heinrich, den Bruder Georgs. Herzog Heinrich war aber ein Freund der Reformation und hätte es lieber gesehen, wenn schon 1539 die Reformation in Stolpen, wie solches im übrigen Lande geschah, eingeführt worden wäre. Doch das Papsttum behauptete sich in Stolpen und den dazugehörigen Gebieten noch zwanzig Jahre hindurch. Erst als Stolpen in den Besitz des damaligen Kurfürsten Vater August kam, der das ganze Amt Stolpen gegen Mühlberg umtauschte, da war die Macht des Papsttumes in Stolpen für immer gebrochen. Weihnachten 1558 kam Stolpen in den Besitz des genannten Kurfürsten, und am Neujahr 1559 wurde hier schon die erste evangelische Predigt gehalten. Dieser Tag gilt denn auch als Tag der Einführung der Reformation in Stolpen. Der letzte Bischof war von Stolpen aus nach Prag geflohen. Der erste evangelische Pfarrer zog am 23. Januar 1559 in Stolpen ein. Derselbe hieß Johann Lehmann und war 1532 zu Bautzen geboren. Im Jahre 1551 hatte er die Universität Wittenberg und 1552 die zu Frankfurt an der Oder bezogen, kam dann 1555 als Pfarrer nach Wallersdorf in Schlesien und 1556 als Pastor nach Schulpforta bei Naumburg. In Stolpen wirkte er bis zu seinem Tode 1586. Der erste evangelische Lehrer zu Stolpen war Hieronymus Brehm. Über seine Herkunft und über sein früheres Leben ist wenig bekannt. Er wirkte nur kurze Zeit in Stolpen, da er bereits im Jahre 1560 daselbst starb. Der erste evangelische Kantor zu Stolpen war Ambrosius Gaune.

Mit der Schule stand es in Stolpen vor Einführung der Reformation nicht gerade günstig. Gercken schreibt hierüber:

„In was für einer Verfassung unsere Schule vor den Zeiten der Reformation gestanden habe, lässet sich nicht so eigentlich bestimmen, doch ist leicht

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_134.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)