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Steinbach wurde jedoch ergriffen und hat selbst in Gegenwart etlicher Rats- und Gerichtspersonen von freien stücken ausgesagt, der Teufel hätte ihm geholfen. Als sich aber die Schmerzen mehrten und er sah, daß er schlechterdings nicht davonkommen würde, verlangte er in seiner höchsten Not von dem Verwalter, derselbe solle ihm durch einen Kirchendiener das heilige Abendmahl reichen lassen. Weil nun Dr. Zacharias Rivander, Superintendent zu Bischofswerda, eben in gewissen Angelegenheiten zu Stolpen war, ging er zu ihm und vernahm von ihm, auf welche Art er das Abendmahl nehmen wolle. Steinbach erklärte sich auch bereit, schriftlich zu widerrufen und fügte die Bitte bei, daß der Widerruf nächsten Sonntag in der Schloßkapelle zu Dresden abgelesen werden möchte.“ – Dieses Schriftstück hatte folgenden Wortlaut:

„Nachdem ich, M. David Steinbach, zu der Zeit, da mir das Hofpredigerdienst zu Dresden befohlen gewesen, fremde calvinische, irrige in der Augsburgischen Confession ausgesetzte Lehre einführen wollen, und dadurch die hochlöbliche Schloßkirche daselbsten nicht wenig geärgert, als ist mir solches von Herzen leid, verwerfe und verdamme dieselbige von Herzen und bitte flehentlichen und um Gottes Willen, sie wollte mir solches verzeihen und vergeben, auch Gott für mich bitten, daß er mir solchen meinen Irrtum und Fall zu gut halten, verzeihen und vergeben, mir meine großen Schmerzen lindern und nur nach seinem väterlichen Willen gnädiglich helfen wolle um Jesu Christi seines lieben Sohnes Willen, ferner, da mir Gott mein Leben fristen und mich im Predigtamte forthin haben wollte, will ich alle solche Irrige in der Augsburgischen Confession, anno 30 verworfene und verdammte Lehre, mit Herzen und Mund meiden, und Einigkeit in der Religion dieser Lande Kirchen aus Gottes Wort, den Hauptsymbolis, Augsburgischer Confession, anno 30 übergeben in der Formula Concordiae reptirt, vermittels göttlicher Hilfe treulich halten und fortpflanzen, dazu mir mein Herr und Heiland Jesus Christus mit seinem Heiligen Geiste treulich helfen, und in solchem gottseligen Vorsatze stärken, und bis an mein letzten Seufzer erhalten wolle. Amen!

Ich, M. Steinbach, bekenne, daß ich diese meine Revocation selbst aus meiner Andacht gestaltet, zuvorher wohl bewogen und also freiwillig mit eigner Hand unterschrieben. Im Beisein des ehrwürdigen hochgelehrten Herrn Doctoris Zachariä Rivandri, Pfarrherrn und Superintendenten zu Bischofswerda, zu Stolpen, den 8. Juli, anno 1592.“ –

Dieses Schriftstück unterzeichnete auch Salmuth. Deshalb wurden beide, Steinbach und Salmuth, aus der Haft entlassen, ohne aber in ihre Ämter und Würden wieder eingesetzt zu werden. Mit dem Calvinismus ging es aber in Sachsen zu Ende. Der Landesverwalter Friedrich Wilhelm hielt 1592 einen Landtag zu Torgau ab, auf dem die Aufhebung aller unter der vorigen Regierung eingeführten kirchlichen Änderungen beschlossen und zur Ausrottung der eingeschlichenen calvinischen Lehre eine Kirchenvisitation angeordnet wurde. Wer von den Geistlichen der calvinischen Lehre zuneigte, der wurde seines Amtes entsetzt. So geschah es nun auch, daß die aufgeregten Gemüter des Volkes sich wieder allmählich beruhigten, war dem Volke Kursachsens doch das reine Luthertum vor dem Untergange gerettet worden!

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_128.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)