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Burgruine Stolpen.


55. Der Stolpener Tiergarten.

Zur Burg Stolpen gehörte ehemals ein umfangreicher Tiergarten. Derselbe befand sich an der Südseite des Schloßberges, weshalb man heute noch diese Grundstücke als den „Tiergarten“ bezeichnet, obgleich von einem solchen heutzutage keine Spur mehr zu sehen ist. –

Angelegt wurde dieser ehemalige Tiergarten vom Kurfürsten Vater August, der ihn auch mit einer hohen Mauer umgeben ließ. Stolpener und Langenwolmsdorfer Bauern mußten hierzu die betreffenden Felder gegen eine angemessene Entschädigung abtreten. Anfangs war der angelegte Garten nur bestimmt zu einem Obstgarten, der mit den verschiedensten Obstbaumsorten bepflanzt wurde, die der Kurfürst meistens aus Bayern erhielt, viele aber auch selbst zog und eigenhändig setzte. – Das edle Fürstenpaar war bestrebt, den Obstbau im Lande zu fördern, und dasselbe griff da auch oftmals zu gar eigenartigen Mitteln. So bekam von der Kurfürstin Mutter Anna jedes Brautpaar in Stolpen einige Obstbäume geschenkt, die dasselbe pflanzen mußte.

Dieser Obstgarten wurde bald in einen Tiergarten umgewandelt, in dem dann verschiedenes Hochwild gehalten und gepflegt ward. Da gab es weißes „Thamm-Wildpret“ und „indianisches Wildpret“, das sein besonderes Gehege und seine besondere Scheune zum Unterschlupf und zur Fütterung hatte. Zur Winterszeit heizte man in diesen Scheunen, den Zufluchtsstätten des Wildes, sogar täglich ein, weil die Kälber des indianischen Wildes die Kälte nicht vertragen konnten. Die Aufsicht über den Stolpener Tiergarten hatten die sogenannten „Wildpretswerter“, die in einem besonderen Ansehen standen und hochachtbare Personen waren. Der Chronist Gercken nennt deren folgende: 1595 Martin Fritzsche, 1617 Hannß Schäfer, 1639 Ägidius Lindner, 1641 Thomas Höle, 1672 Hannß Jakob Stiehl, 1690 Christian Otto, 1729 Joh. Christoph Götze, 1736 Joh. George Schultze, 1754 Joh. Christian Schultze.

Wie zahlreich das Wild des Stolpener Tiergartens gewesen sein muß,


das Wasser, so durch doppelte Röhren von dem Amts-Dorffe Lauterbach hereingeleitet worden, sodann den Berg hinan, aufs Schloß getrieben. So viel sich Nachricht findet, hat Martin Planer, Bergmeister zu Freyberg, diese künstliche Wasser-Leitung zu stande gebracht.“ –

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_121.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)