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von verschiedenen Dingen. Gar bald kam das Gespräch auch auf den spukhaften Bornematz. Da rief einer der Mäher im Übermute laut in den Wald hinein: „Bornematz, komm und frühstück mit!“ – Plötzlich kam aus dem Walde heraus ein riesenhafter Hase gesprungen, setzte mit gewaltigen Sprüngen über die erschrockenen Mäher hinweg, warf die gefüllten Krüge und Flaschen um und verschwand wieder spurlos. Der vorwitzige Mäher aber erhielt von unsichtbaren Händen einige so gesalzene Ohrfeigen, daß ihm schier die Sinne vergingen. Er hat es nie wieder versucht, den Hockauf Bornematz zum Frühstücke einzuladen.

Am Schäferteiche in der Masseney läßt sich nicht nur in der Nacht, sondern selbst in den hellsten Mittagsstunden eine seltsame Gestalt sehen. Den Weg des Wanderers kreuzt hier zu manchen Zeiten ein schneeweiß gekleidetes Männchen in langem, silberglänzendem Barte. Wer dieser Gestalt begegnet, der hat in den nächsten Tagen ein großes Glück zu erwarten; doch darf er nicht ausplaudern, was er gesehen, sonst verwandelt sich das zu erhoffende Glück in Unglück.

In dunklen, stürmischen Nächten aber durchjagt mit einer starken Meute Hunde den weiten Forst der Masseney „Berndittrich“, der wilde Jäger. Schreien und Toben und lautes Hundegekläff durchschallen dann den Wald, wenn Berndittrich seinen Jagdzug hält. Wehe dem, der etwa aus Übermut ihn ruft!

So umrankt der Epheu der Sage die grünen Waldeshallen der Masseney.

In Kriegszeiten bildete die Masseney die Zufluchtsstätte der Bewohner der umliegenden Dörfer. Hier hielten sie sich mit ihrem Vieh oft Monate hindurch vor den plündernden Feinden verborgen. Besonders war dies der Fall im Dreißigjährigen Kriege und in den Kriegsjahren 1812 und 1813. Noch heute wissen alte Leute die Schlupfwinkel zu bezeichnen, wo deren Väter während der Kriegszeiten Zuflucht in der Masseney nahmen.

Hie und da findet man in der Masseney auch noch verfallene Wolfsgruben, in denen einst die Wölfe gefangen wurden, die bis Ende des 18. Jahrhunderts in diesem Walde hausten. –


26. Rudigersdorf in der Masseney.

Da, wo jetzt die dunklen Waldbäume der sagendurchklungenen Masseney rauschen, stand vor alters im stillen Waldesgrün ein großes, gar stattliches Kirchdorf, das hieß Rudigersdorf oder Rörschdorf und war Filial von Großröhrsdorf. Von diesem Dorfe Rudigersdorf ist aber jetzt nichts mehr zu sehen; denn längst ist es im Kampf und Streit untergegangen. Still ist es geworden an dem Orte, da es gestanden. Die alten Trümmer sind von Moos überzogen worden. Nur wenige Leute kennen noch den Namen dieses im Kriege untergegangenen Dorfes. – Das verwüstete Dorf Rudigersdorf oder Rörschdorf lag längs der Steinbach, eines Bächleins, das die Masseney durchschlängelt. Hier wurden auch seit Ende des 18. Jahrhunderts eine große Anzahl Trümmer aufgefunden. Da fand man in einer Tiefe von ungefähr bis 1 Meter hölzerne und steinerne Türschwellen, kunstgerecht vierseitig bearbeitete Baumstämme, Brandtrümmer von Bau- und Hausgeräten, Klammern, Haken und Türbänder, Nägel, Messer, angebrannte Bretter von Möbeln, Scherben von tönernen Gefäßen. Ferner wurden in dem moorigen und sumpfigen

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 064. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_064.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)