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Bürgerwehr rühmlichst hervorgetan, so auch in der Fehde zwischen dem Bischof Johann IX. von Haugwitz und den Erben des Bischofs Niklas II. von Carlowitz. Diese Fehde wurde von vielen als der Saukrieg bezeichnet, weil die Partei des Carlowitz dem Bischofe bei Wurzen nicht weniger als 700 Schweine wegnahm. Der damalige Kurfürst Vater August war über diese eigenmächtige Fehde nicht wenig entrüstet. Deshalb gab er der Bürgerwehr zu Dresden den Befehl, die Bergfestung Stolpen, wo sich der Bischof Johann IX. für gewöhnlich aufhielt, zu besetzen und den Bischof gefangen zu nehmen. Als die Dresdner anrückten, gesellte sich zu ihnen eine Abteilung der Radeberger Bürgerwehr, die nun gemeinschaftlich gegen die Bergfestung Stolpen zogen und hier Weihnachten 1558 ihren siegreichen Einzug hielten.

Alt-Radeberg: Der Marktplatz um 1840.

Der damalige Kurfürst Vater August versäumte keine Gelegenheit, die Radeberger Bürgerwehr auszuzeichnen. Als am 8. April 1575 der deutsche Kaiser Maximilian II. in Dresden auf Besuch beim Kurfürsten weilte, mußte ein Teil der Radeberger Bürgerwehr nach der Residenz kommen, um vor der Kaiserlichen Wohnung Wache zu stehen. Auch im Jahre 1608 wurden vom Kurfürsten Christian II. zwanzig bewaffnete Bürger von Radeberg „in voller Rüstung und vollem Waffenschmucke, allenthalben wohlgeputzt“ nach der „Festung Dresden“ beordert, und dieselben mußten dort während der Monate Mai und Juni Ehrendienste tun. Für die Ausrüstung und Beköstigung hatte der Stadtrat zu sorgen. Die Kosten betrugen 181 Schock und 53 Groschen. (1516 Mk. 20 Pf.) – Alljährlich wurden damals die waffentragenden Bürger Radebergs von dem Amtshauptmann von Stolpen einer peinlichen Musterung unterzogen. Dabei hielt man Schau über den Heerfahrtswagen, der mit Bürgerpferden regelmäßig bespannt war. – Die Radeberger Bürgerwehr hat Jahrhunderte hindurch in Ehren bestanden und sich jederzeit des Wohlwollens und der Hochachtung des jeweiligen Landesfürsten erfreut. Ihre Uranfänge greifen bis in die Zeit des Faustrechtes zurück.

Aus der Bürgerwehr ging mit der Zeit die jetzige Schützengilde hervor, die sich rühmen kann, zu den ältesten in unserem Vaterlande zu gehören.

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 027. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_027.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)