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an Wild. In den umfangreichen Waldungen gab es außer Hirschen und Rehen auch wilde Schweine, Wölfe, Luchse und Bären. –

Im Jahre 1715 wurde ein steinerner Turm des Schlosses, nachdem er am 25. Mai 1603 bei einem furchtbaren Gewitter infolge eines Blitzes arg beschädigt und recht baufällig geworden war, bis auf den Grund abgetragen. In diesem Turme befand sich die Schloßuhr, die seit jener Zeit dem Schlosse fehlt. 1772 erhielt die Burg eine neue Bedachung. –

Dem Schlosse schräg gegenüber, am linken Ufer der Röder, liegt der jetzige Schloßgarten. Derselbe wurde nach dem siebenjährigen Kriege vom damaligen Justizamtmanne Ludwig Langbein, dem Vater des Dichters Langbein angelegt, mit Lusthäusern, Statuen und Springbrunnen versehen. Hier befanden sich vordem die sogenannten Lehden, kahle Abhänge. Beim Anlegen dieses Gartens stieß man auf allerlei Mauerwerk von ehemaligen Gebäuden und Kellereien. Hier standen in früheren Zeiten die Wohnung für die Jäger, dazu die umfangreichen Hundeställe, in denen die zahlreichen Hunde verpflegt wurden, die man in damaligen Zeiten bei den großen Treibjagden brauchte. Darum nannte man diesen Platz „bei dem Hundestalle“. Noch heute ist den älteren Bewohnern der Stadt der Name „Hundezwinger“ bekannt, womit man die früheren Lehden im linken Röderufer, bezeichnete.

Schon vor Erbauung des gegenwärtigen Schlosses stand in Radeberg eine Burg. Dieselbe wurde aber im Hussitenkriege 1430 dem Erdboden gleichgemacht. Über den Standort des alten Schlosses gehen die Meinungen aber auseinander. Allgemein wird angenommen, die Burg habe auf dem Schloßberge gestanden, welcher am rechten Ufer der Röder dem jetzigen Schlosse gegenüberliegt und nur durch eine schmale Felsengasse, durch welche ein Weg vom Rödertale aus an Scheunen vorbei nach dem Schützenhause führt, getrennt ist. Die noch vorhandene Turmruine sei ein Überrest der ehemaligen Burg. Hier soll der westliche Turm des alten Schlosses gestanden haben, so daß diese Ruine das Westende desselben darstelle. Die Gasse wurde später durch die Felsen gebrochen. Diese Turmruine muß im 17. Jahrhunderte auch bedeutend höher gewesen sein, als gegenwärtig; denn eine Amtsordnung im Lichtenberger Gemeindearchive meldet deren Abtragung vom Jahre 1692. In dieser Verordnung wird die bezeichnete Ruine „der alte Turm“ genannt.

Daß der Schloßberg in den frühesten Jahrhunderten bewohnt gewesen ist und verschiedene Gebäude getragen hat, kann niemand leugnen; denn wiederholt hat man dortselbst alte Mauerreste, Wälle, Gräben und sonstige Denkmäler aus vergangenen Zeiten aufgefunden. Wann und von wem aber die alte Burg Radeberg erbaut worden ist, weiß niemand. Alte Urkunden schweigen darüber, und selbst die Sage berichtet nichts.

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 015. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_015.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)