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Aber nur ein Teil der eidgenössischen Truppen beugte sich dieser Abrede. Während die Kontingente von Bern Freiburg Solothurn Biel sie annahmen und stracks nach Hause umkehrten, hielten die bei Monza gelagerten am Kriege fest. Auch Basel. Seine Führer und Truppen „willigten ganz nit“ in den Frieden. Sie wichen nicht mit den westlichen Orten. Sie wollten das vordem Gewonnene und „die Ehren unsres erlangten Lobes“ nicht preisgeben. Basel hielt wiederum zu den Orten des Gotthardpasses. Mit diesen und den östlichen Kantonen zusammen zog es am 10. September in Mailand ein.

Mit ihnen kämpfte es am 13. und 14. September bei Marignano die Riesenschlacht.

Eine erste, in Hast und Not hingeworfene Meldung der erlittenen schweren Verluste sandten die Basler Hauptleute sogleich nach der Schlacht; dann am 17. September von Lugano eine ausführliche Schilderung des Verlaufes, mit dem Sieg am ersten, der Niederlage am andern Tage. „Wir hand vil wunde.“ Dieser Verwundeten wegen konnten sie nur langsam heimwärts ziehen. Am 23. September waren sie in Sursee, im Laufe dieser Woche dann in Basel.

Wie sehr der Tag von Marignano als Katastrophe empfunden wurde, zeigt die sonst nicht übliche Aufzählung der Gefallenen in Akten und Chroniken.

Auf die Zeitgenossen wirkte das Ereignis ungeheuer. Die Eidgenossen hatten ihre Kriegstüchtigkeit gerade in den letzten Jahren auf so überwältigende Weise bewährt, daß jetzt ihre Niederlage Vielen erschien wie der Sturz eines Gewaltigen, der die ganze Welt geängstigt. Stolzeren Beginn des Regimentes als Franz I. hatte kaum je ein König gehabt. Er selbst pries sich in Inschriften als den ersten Bändiger der Schweizer. Der eine Sieg gab ihm Oberitalien und den Frieden mit dem Papste.


Marignano schließt die Zeit der großen Heerzüge, und wir haben Muße, das innere Leben Basels selbst uns anzusehen, zu hören wie hier das Volk sich einstellt, wie der Eingeborene, der Gast, der Neubürger Farbe bekennen. Auch das Parteiwesen ist durch die gewaltigen Erlebnisse in die Schule genommen, ist entwickelt und gesteigert worden. Von den Beratungssälen, den Heerstraßen Schlachtfeldern und fernen sonnedurchglühten Städten, wo Basels Handeln doch immer nur Teil eines viel allgemeineren Handelns ist, haben wir zurückzugreifen auf dieses Leben hier, das ganz auf eigenen Füßen steht. In ihm haben die Ereignisse ihre Vorbereitung, ihr Geleite und ihre Wirkung.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/56&oldid=- (Version vom 1.8.2018)