Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 3.pdf/55

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Für das merkwürdige Staatswesen dieser Eidgenossenschaft, das, ohne Geschlossenheit seiner Macht und ohne dauernde Einheitlichkeit des Zieles, fast wie unbewußt vor die größten politischen und militärischen Aufgaben geführt worden, war jetzt die Stunde des Verhängnisses gekommen.

Am 9. Mai zog aus Basel das erste Aufgebot ins Feld, zweihundert Mann unter Henman Offenburg; am 17. Mai trafen sie zugleich mit den Unterwaldnern in Novara ein. Infolge der zweiten Aushebung rückten am 25. Juni sechshundert Basler unter Hans Trutman aus. Endlich, bei steigender Not und Erregung, am 20. August das von Heinrich Meltinger befehligte dritte Korps von achthundert Mann. Sie marschierten nach dem Geheiße der Tagsatzung „beförderlichst“, über Luzern, den Gotthard usw. Unterwegs in Altdorf vernahmen sie durch Eilboten aus Schwyz, „daß die Unsern in Mailand ein unerlichen Abzug tun wellent“, was aber die Schwyzer nicht irre. Diese wollten „des nechsten uf Mailand ziehen“. Eilends drängten die Basler vorwärts.

Auch für unsere Stadt war es ein gewaltig ergreifender Moment. Als Äußerung der aus Stolz und Bangen gemischten Empfindungen, mit denen sie ihre Leute aushebt rüstet und marschieren läßt, kann der Ratsbeschluß vom 31. Mai 1515 gelten. Neben die schon lange bestehenden ehrwürdigen Feiern der Erinnerung an Sempach Héricourt Murten tritt jetzt eine neue Bezeugung offizieller Trauer und Ehrung. Da „nehmen die Räte die löbliche siegliche Schlacht von Novara zu Herzen“ und stiften bei den Augustinern eine jährlich am Pfingstdienstage zu begehende ewige Jahrzeit „zu Heil und Trost der Seelen aller Derjenigen, die in diesen letzten Kriegen von der Stadt wegen umgekommen sind und ihr Blut von unsertwegen vergossen haben und, wovor Gott sei, in künftigen Zeiten dergestalt umkommen werden“.

Dann das Warten auf die Entscheidung drüben, jenseits der Berge. Mit aller Deutlichkeit zeigen die von den Basler Hauptleuten beim Rat einlaufenden Schreiben die furchtbare Bedrängnis eidgenössischer Dinge.

Schon der Rückzug des Heeres aus dem Piemont vor den über die Berge hereinbrechenden Franzosen lähmte den Geist und lockerte die Disziplin. Die Eidgenossen gingen auseinander. Die Einen lagerten bei Monza, die andern beim Langensee. Und hier kam nun, die schon früher durch Frankreich begonnenen Verhandlungen schließend, am 9. September der Vertrag von Gallerate zustande, der das Herzogtum Mailand an Frankreich gab, den Eidgenossen aber die Zahlung der vor Dijon bedungenen Summe und erhebliche Kriegsentschädigungen Kriegshilfe jährliche Pensionen usw. zusicherte.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/55&oldid=- (Version vom 1.8.2018)