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Chorpfründe und Propstei zu St. Peter, gingen Marius Pelargus Müller Rebhan, von den weltlichen Häuptern der Partei Andreas Bischoff u. A. davon.


Bis zum 30. Mai sollte der Waffenstillstand währen. Aber er nahm schon früher ein Ende.

Die Artikel vom 5. Januar wurden möglich durch ein weitgehendes Nachgeben der katholischen Ratsmehrheit; sie tat damit das Äußerste und durfte ihre Sache nicht noch mehr schwächen, wenn diese Sache überhaupt noch bestehen und gelten sollte. Aber die ganze streitige Angelegenheit blieb damit im Rahmen der bisherigen Zustände. Es war nichts grundsätzlich Neues, nur eine quantitative Änderung geschaffen. Dem Streben der Evangelischen keineswegs entsprechend und ihrer Ungeduld unerträglich. Sie standen in Gährung; „vom Geiste Gottes getrieben“, wie die Gegner höhnten, drängten sie ungestüm vorwärts. Die Passivität des Rates den Beschwerden ihres Ausschusses gegenüber, dann das Trotzbieten Meltingers, der den Predikanten zu St. Peter so herausfordernd und beleidigend hatte predigen lassen, empörte sie; um so stärker, da sie wußten, der „große Haufe“ und den Andern weit überlegen zu sein.

Am Montag 8. Februar früh zwischen fünf und sechs Uhr, bei noch nächtlicher Dunkelheit, kamen sie zusammen, achthundert Mann stark, in der Barfüßerkirche. Hans Irmi, Sechser zum Safran, redete im Namen des Ausschusses; die allgemeine Ansicht war, daß etwas geschehen müsse. Man wußte, was man wollte, und hatte die Begehren formuliert. Eine inzwischen, noch früh morgens, in der Versammlung eintreffende Vorladung des Ausschusses vor den Rat, um den Bescheid auf die erhobenen Klagen zu vernehmen, fand keine Beachtung mehr, und die Versammlung faßte ihren Beschluß. Sie verlangte Entfernung der entschiedenen Anhänger des alten Glaubens im Rat, Entfernung der „falschen Predikanten“, Änderung der Wahl von Zunftvorständen und Rat.

Seit Jahresfrist war die reformatorische Bewegung durchaus als Sache der Bürgerschaft, der Zünfte geführt; dieser ihr Charakter zeigt sich jetzt auf neue Art in der Erweiterung dieser Volksbegehren über das Kirchliche hinaus.

Als eine Erscheinung voll Lebens steht vor uns, wie das allgemeine Unzufriedensein in die religiöse Bewegung eindringt und wie dieses Mitwirken politischer und sozialer Interessen der Kirchenreform zum Siege hilft, wie aber zugleich auch der Geist und Schwung jener Bewegung erst dem ganzen Unternehmen die Wucht gibt. Jetzt konnten diese zu Gartnern

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 509. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/530&oldid=- (Version vom 1.8.2018)