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als freie „Gemeine“ begleitet; der Prediger, der dort auf seiner Kanzel sich allein zu hören pflegt, ist hier bei diesen Zusammenkünften nur Einer unter Seinesgleichen.

Wenn Ökolampad sich mit auswärtigen Freunden über diese Dinge unterhielt, bemerkte er, daß der größere Teil der Bevölkerung, nach seiner Schätzung auch der bessere, hinter ihm stehe. Es war in der Tat eine „Gemeine“, die schon jetzt versucht sein konnte, sich als „Hauptorgan der Stadtverfassung und damit auch als Herrn über das religiöse Schicksal der Stadt“ zu fühlen. Nicht mehr um Einzelheiten der Lehre oder des Kultus wurde gesorgt und gestritten. Indem die Evangelischen immer wieder gegen die Zwiespältigkeit der Predigt sich erhoben und sie als Unterdrückung der Wahrheit bezeichneten, verlangten sie nichts Geringeres, als Beugung des ganzen städtischen Kirchenwesens unter ihre Lehre allein.

Mit wiederholten Eingaben dieses Sinnes bestürmten sie den Rat, dessen Politik doch seit Jahren offen vor ihnen lag.

In der Tat beschied er sie auch jetzt wieder auf gewohnte Weise. Am 29. Februar 1528 erließ er das uns bekannte Mandat, wonach Jedem freistehen solle, zu glauben, was er für das Heil seiner Seele halte. Auch forderte er die Predikanten vor sich, um sie persönlich auf die Vorschriften zu verpflichten. Wie ernst er die Sache nahm, zeigt auch seine Aufforderung an Bischof Philipp, 12. März 1528, den ungebärdigsten aller katholischen Prediger, den Augustinus Marius im Münster, dazu anzuhalten, daß er sich dem Mandate gemäß benehme. Aber das waren Maßregeln, die nicht befriedigten. „Langsam und unzitig“ sei der Rat, hieß es auf evangelischer Seite; und Ökolampad rief: „wahrlich! auf solche Weise wird kein Friede geschaffen“. Entschlossen gingen nun die Revolutionäre von sich aus vor.

Nachdem schon in der Beilegung des Streites über die Messe der tatsächliche Zustand anerkannt worden war, sollten nunmehr die den Evangelischen dienenden Kirchen auch im Übrigen ihrer Gottesdienstart angepaßt werden.

Die Einleitung war ein Tumult auf dem Fischmarkt am Palmsonntage. Dann am Karfreitag, 10. April 1528, wurden durch einige Spinnwetternzünftige die sämtlichen Heiligenbilder in der Kirche zu St. Martin weggeräumt. Am Ostermontag, 13. April, geschah das Gleiche — unter den Schlägen eines plötzlich losbrechenden, von Vielen als bedrohliches Mirakel gedeuteten, schweren Gewitters — in der Augustinerkirche.

Es war ein wohl zunächst durch das Beispiel Berns nahegelegtes Verfahren. Aber jedenfalls eine Gewalttat, die sich der Rat nicht durfte bieten lassen. Die Mehrzahl der Täter blieb ihm unbekannt, außer Vieren —

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 496. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/517&oldid=- (Version vom 1.8.2018)