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Pestepidmie des Jahres 1526; schon lange war keine solche Verwüstung mehr erlebt worden; einige Klöster starben beinah aus, ganze Familien wurden beseitigt. Und um die Qual voll zu machen, folgte der Seuche eine große Teurung und Hungersnot. „Es ist Mangel an Allem, was der Mensch zum Leben braucht,“ schrieb der Rat.

Einseitigen aber ergreifenden Ausdruck fand die damalige Stimmung der Evangelischen, die sich nur als ungerecht Bedrückte fühlen wollten, in Ökolampads Predigten über die Klagelieder Jeremiae sowie in seinen Briefen, die voll von Unzufriedenheit sind mit dem Rate und mit diesem Basel, „dem nicht zu helfen ist.“ Er schrieb im Namen einer Partei, der nicht genügte, daß sie geduldet werde; sie wollte Gunst und Geltung.

Auch die Berner Disputation im Januar 1528 änderte hieran nichts. Basel war stark an ihr vertreten, Niklaus Briefer einer ihrer Präsidenten; neben Ökolampad nahmen Bertschi Imelin Wissenburg sowie einige Landgeistliche teil. Vom Rat abgeordnet waren Konrad David und Diebold Wyssach; die gleichfalls anwesenden Franz Hagenbach, Mathias Apiarius, Urban Schwarz, Ruprecht Winter, Jacob Heilweg u. A. sind wohl Deputierte der Gemeinden. Aber während dann, unter dem Eindrucke dieser Disputation, der Rat von Bern in seinem ganzen Gebiete das alte Kirchenwesen beseitigte und den reformierten Gottesdienst einführte, war dies dem Basler Rat unmöglich.

Da handelte das evangelische Volk.


Was das katholische Basel damals an der neuen Partei und ihrem vorwärtsdrängenden Wesen hauptsächlich sah, sagt es selbst uns gelegentlich: „Alles Alte und Heilige ist abgetan, Ehe Taufe Messe Predigt sind geändert, überall geht es deutsch zu, jeder Pfaff und Predikant kann tun was ihm beliebt.“ Dazu kam das unausgesetzte Wachsen dieser Gemeinschaft; immer neue Genossen traten ihr bei, und unter ihnen fielen namentlich die abtrünnig gewordenen Klosterleute auf. Wir haben zu rechnen mit einem allmählichen Leerwerden der Konvente. Wenn wir etwa zu hören bekommen, wie die Verwandten einer Nonne ihr zusetzen und keine Ruhe lassen, bis sie Zelle und Klausurpforte hinter sich hat, so sind viel häufiger die einfachen Meldungen von Klosteraustritten, wobei zu vermuten bleibt, welch erregte Stunden dem Schritte vorangingen oder folgten. Einen Kollektivaustritt sehen wir beim Augustinerkloster geschehen, wo am 16. Januar 1528 die noch vorhandenen sechs Mönche sich entschlossen, insgesamt zum gemeinen Christenstande zurückzukehren, und ihr Kloster mit aller Zubehör an die Stadt

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 492. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/513&oldid=- (Version vom 1.8.2018)