Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 3.pdf/500

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Die Gebote scheinen nur schwach gehandhabt worden zu sein. Vielleicht der vom Rat erklärten Anerkennung freier Conscienz überhaupt entsprechend; vielleicht aus Nachsicht gegen das stille und im Grunde harmlose Wesen dieser Leute. Aber Ökolampad sah in dem läßlichen Verhalten der Behörde nur ein Spiel papistischer Gesinnung.

Um so entschiedener erhob er selbst sich wider die Täufer.

Wenn er sofort im August 1525 eine Auseinandersetzung mit ihnen in seinem Pfarrhause zu St. Martin veranstaltete, wobei er sich durch Wissenburg Girfalk Imelin assistieren ließ, so trieb ihn vielleicht die Hoffnung, der in die Irre gehenden Brüder noch Herr werden und ihre Absonderung von der Gemeinde hindern zu können. Dann aber der Wunsch, ihre Abweichung von der Lehre in bester Form festzustellen. Dies Gespräch, das mehr stürmischer Wortwechsel als Disputation war, brachte natürlich keine Einigung; es konstatierte nur den vorhandenen Riß.

Sowohl der alten als der neu sich bildenden Kirche gegenüber war diese Täufergemeinde eine Separation. Sie fügte sich in keinen Kirchenrahmen; Manche die zu ihr gehörten hatten vielleicht den subtilen Dünkel der Gemeinschaftsleute; auch mochte ihr Wesen von enger und gesetzlicher Art sein. Aber ihre Absonderung war frei von Gewaltsamkeit; nichts Andres wollte sie als ernste Befolgung der Gebote des Neuen Testamentes; in einer Zeit allgemeinen Kampfes stand sie als stille und reine Erscheinung ruhig abseits.

Mit den paar Männern und Weibern, die 1525 beim Schneider an der Weißengasse ertappt wurden, hielt der Rat keineswegs die ganze Sekte in Händen. Vielmehr gab es noch Andre, die zu ihr gehörten, aber unbehelligt blieben. Wie überhaupt, gemäß dem die Welt meidenden Fürsichleben dieser Gemeinde, ihre Bezeugung einseitig feindlich und daher ungenügend ist, so fällt es uns schwer, dieses Dasein in Wahrheit kennen zu lernen.

Die Brüder, auch die hier zeitweilig ansäßigen, scheinen großenteils Fremde gewesen zu sein. Neben Gebildeten wie dem Korrektor Hugwald, dem Freisinger Lehrmeister Ulrich Kern, dem Priester Ulrich Bolt aus der schwyzerischen March, großenteils Handwerker und kleine Leute. Von draußen, aus der Ostschweiz, dem Elsaß usw., kamen Wanderprediger mit täuferischer Lehre. In gleicher Weise gingen Propaganda und Werbung von hier aus wieder weiter. Mitten im Wogen eines großen über die Lande gebreiteten Gemeinschaftslebens erbaute sich die Basler Gemeinde. Eine Gesinnungs-, nicht eine Rechtsgemeinschaft. Eine auf Innerlichkeit

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 479. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/500&oldid=- (Version vom 1.8.2018)