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lud ihn unter großen Versprechungen nach Paris ein. Der Papst rief ihn nach Rom. „Die Häupter der Welt und die Könige der Erde stritten sich darum, ihn zu haben und zu hegen.“

Zunächst wollte Erasmus diejenigen Arbeiten beendigen, für die er in Basel anwesend sein mußte; auf Ende Augusts glaubte er so weit zu sein. Und da fühlte er sich am stärksten von Rom gelockt, nach dessen Gelehrten- und Bibliothekenreichtum er schon lange Verlangen trug. Im September 1522 machte er sich dorthin auf den Weg; Konstanz sollte die erste Station sein. Von Rhenan und Eppendorf begleitet fand er hier die beste Aufnahme; aber beinahe die ganze Zeit lag er krank, und da auch Pest- und Kriegsgefahren drohten, fiel ihm nicht schwer, den Plan der großen Reise einstweilen fallen zu lassen und wieder ins vertraute Basel zurückzukehren.

Hier sehen wir ihn sich häuslich einrichten. Nicht in seinem frühern Quartier zum Sessel. Er hatte gewünscht, eine eigene Wohnung für sich zu haben. Froben kaufte daher am 18. Dezember 1521 das in der Nähe des Sessels gelegene Haus zur alten Treue an der Ecke von Nadelberg und Imbergäßlein und vermietete es ihm.

In diesem Hause nun finden wir von da an den Erasmus; als er es 1529 verläßt, bekennt er, nirgends sonst so viele Jahre geblieben zu sein. Hier hat er nun die zu seinem Wohlbefinden nötige Behaglichkeit des Wohnens. Er lebt inmitten seiner Bücher und seiner zum Teil kostbaren Geräte. Als freier Gelehrter, ohne äußern Beruf. Die Honorare, die fürstlichen Pensionen und Geschenke, die Liberalität Frobens ermöglichen ihm diese Art des Daseins. Die Stadt Basel selbst gibt ihm das ruhige Asyl, dessen er bedarf.

Um den Junggesellen, den arbeitsamen Weisen her ist dennoch weder Einsamkeit noch Stille. Erasmus ist nicht Einsiedler, sondern pater familias mit dem unbedingt Herrschenden seines Wesens und mit den Ansprüchen eines berühmten alten Herrn.

Er muß beständig einige famuli oder amanuenses bei sich haben. Sie besorgen ihm z. B. bei seinen Editionen das Vergleichen der verschiedenen Vorlagen; sie schreiben ihm die unzähligen Briefe nach seinem Konzept oder Diktat; sie reisen für ihn mit Manuskripten Büchern Botschaften. Oft weit fort und für längere Zeit. Stets ist Einer unterwegs. Es ist ein Verkehr, für den Erasmus mehrere Pferde im Stalle stehen hat.

Als solche famuli lernen wir jetzt und in späterer Zeit kennen den Flandrer Hilarius Bertulfus, den Livinus genannt Algoet, den Quirinus

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 422. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/443&oldid=- (Version vom 1.8.2018)