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Frei und glänzend lebte hart neben diesem politischen Treiben, unberührt von ihm, eine gelehrte Welt in Basel. Ein Komplex von Kraft und Herrschaft, der das Gegenbild zum weltlichen Machtwesen bildete.

Von eigenem Reize können die Anfangszeiten einer neuen wissenschaftlichen Art und Forschung sein. Zeiten voll Ahnung, aber auch voll Entdeckergeist, da die Arbeiter halb unbewußt, wie von Dämonen geführt, das Größte vollbringen, in mächtigem Andrange schon das Ganze voraussehen und gewissermaßen vorwegnehmen. Was dann nach ihnen kommt und das Leben von Generationen beschäftigt, ist Weiterschreiten auf der gewiesenen Bahn, ist klare Erkenntnis, besonnenes Gestalten und Sichern.

Diesem Verlaufe folgen wir auch bei unserm Humanismus. Derjenige der 1520er Jahre ist schon ein anderer als der ihm vorangegangene.


Am 15. November 1521 traf Erasmus in Basel ein.

Rhenan hatte ihn von Schlettstadt her begleitet. Nun er wieder am altgewohnten Orte war, wo die Freunde schon seit Ostern auf seine Herkunft warteten, begrüßte ihn die große erasmische Gemeinde der Lande ringsum mit Jubel. Durch den Mund des Zasius, des Hummelberg, des Sapidus frohlockte Oberdeutschland; es sah sich wieder von dem Licht erfüllt, das ihm schon früher gestrahlt hatte; es bezeugte, seine Freude könnte nicht größer sein, wenn Fortuna selbst mit schimmernden Rossen oder gar alle Götter auf ihren Festwagen ins Land gefahren kämen. Von Augsburg her huldigte Peutinger; und sofort stellten sich auch die ersten Besucher ein: Volz Vadian Zwingli, mit Geschenken des Olmützer Bischofs Stanislaus Turzo der junge Poet Caspar Ursinus Velius, u. A.

Basel war ein anderes als das vor drei Jahren verlassene, voll von Gegensatz und heftigem Streit, und Erasmus zweifelte, ob er sich hier festsetzen sollte. Auch kamen Berufungen von allen Seiten. Die Universitäten Leipzig und Heidelberg hatten vor Kurzem nach ihm verlangt. Zwingli wollte ihn in Zürich haben. Vom Kaiser und von der Regentin Margaretha war Erasmus aufgefordert, nach Brabant zurückzukehren. König Franz

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 421. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/442&oldid=- (Version vom 1.8.2018)