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„Verkündungen“ des Basler Stadtgerichtes, durch die draußen wohnende Schuldner kurzerhand vor das hiesige Forum geladen wurden, als ein gutes Stück baselischen Oberrheinlebens. Es handelte sich dabei nicht um eine prinzipielle Rechtsordnung in der Art des Verfahrens von Curie und Konservatorium, sondern um eine Praxis, die altherkömmlich war und noch immer Stand hielt, weil sie dem — ohnedies für Vieles auf Basel angewiesenen — Volke paẞte und die Landesgewalten der Sache den Lauf lieẞen.

Anders war das Verhältnis im Öffentlichen und Politischen.

Beim badischen Markgrafen Ernst traf Basel auf einen Verstand und einen ruhigen Herrscherwillen, der dem Rechte Basels mit derselben Achtung zu begegnen bereit war, die er für das eigene Recht begehrte. Der Verkehr konnte demnach ein geordneter und leidlicher sein. Einzelheiten, die erwähnt werden mögen, waren die Verhandlungen über Aufnahme Ernsts in das Basler Bürgerrecht, über den Tausch der Eigenleute zu Riehen Tüllingen usw., über den Güterkauf der Markgräfler auf Basler Gebiet.

Stärkeres Leben bewegte die Beziehungen zu Österreich.

Herr der Vorlande war der Kaiser; seit dem März 1522 hatte sein Bruder Ferdinand die Administration. Aber die Führung im Einzelnen war Sache der Beamten, des alten Baselhassers Gilgenberg im Ensisheimer Regimente, des Rheinfelder Vogtes Ulrich von Habsberg und ihrer Untergebenen. Daẞ von Seiten dieser Lokalgewaltigen und des ihnen anhängenden Adels überall und jederzeit, wo und wann sich ein Anlaẞ bot, Basel verletzt wurde, war nichts Neues. Die Versuche, Zölle zu erheben und Steuern aufzulegen; die Übergriffe im Rechtsverfahren; die Störungen der territorialpolitischen Pläne Basels; die Beschimpfungen Basels, etwa durch Besudeln seines Wappens am Spitale zu Frick; — waren Vorfälle ohne besondre Auszeichnung, die, gleichsam notwendig, schon vor hundert Jahren diese Nachbarschaft belebt hatten und nach weiteren hundert Jahren sie in gleicher Weise beleben konnten.

Aber wichtig war, was als ein der Zeit Eigenes hinzu trat.

Die Ausbildung der fürstlichen Gewalt und die straffere Verwaltungsart schien die gewohnten Zustände von Nebeneinander und Gegeneinander mit neuer Leidenschaft zu füllen. Dazu kam das Wachstum der habsburgischen Hausmacht in diesen Jahren. Und auch daran ist zu denken, was der Übergang Basels zur Eidgenossenschaft und jetzt noch seine Verbindung mit Frankreich für die österreichische Politik bedeuteten. Überdies der religiöse Kampf; schonungsloser als alles Andere zeigte er die weite geistige Distanz.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 409. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/430&oldid=- (Version vom 1.8.2018)