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Wir erfahren nicht, ob sie wirklich stattfand. Ernste Leute hatten an Anderes zu denken, an die auf Ende Januars 1523 angesagte Zürcher Disputation Zwinglis. Wonnecker wurde von Mitgliedern des Rates aufgefordert, namens der Universität Basel an ihr teilzunehmen. Aber er ging nicht. Kaum aus Mangel an Zuversicht. Eher aus derselben einfältigen Geringschätzung der Gegner, die seinen Universitätskollegen Johann Gebwiler gegen den Besuch der Disputation eifern und dabei dem Zwingli vorwerfen ließ, er sei ein Bube und habe Ketzerei gepredigt. Dieser Gebwiler war Doktor der Theologie, Professor, Chorherr zu St. Peter, hatte aber den Spitznamen des Doktor Hänsly mit den lampechten höslin. Zürich erhob Klage beim Basler Domdekan; der als einfältig und vorlaut bekannte Gebwiler mußte widerrufen.

Auch die Ordenswelt machte ihren Angriff, auf Pellican und dessen Klosterfreunde. Schon beim Provinzialkapitel hatte sich Pellican wegen seines Glaubens verantworten müssen. Als nun in der Fastenzeit 1523 der Provinzial Caspar Satzger visitierend nach Basel kam, wurden bei ihm Pellican und Lüthart sowie der Vizeguardian Johann Kreis durch Professoren und Domherren beschuldigt, Lutheraner zu sein und die Schriften Luthers zu verbreiten. Der Provinzial, ein alter milder Herr, dem Pellican seit Jahren wohlwollend zugetan, besprach sich wegen dieser Sache mit dem Domkapitel, fand aber hier nur Härte; man verlangte von ihm, daß er die Angeschuldigten aus Basel entferne. Er vermochte diesem Begehren nicht zu widerstehen, wünschte aber schonend zu verfahren und die Drei in der Stille und mit allen Ehren nach andern Konventen zu versetzen.

Alles geschah in der gewohnten Form eines Internums der kirchlichen Behörden. Bis plötzlich der Rat eingriff. Da er zu wissen begehrte, wessen man die drei Barfüßer beschuldige, die sich bisher gegen Rat und Bürgerschaft ehrlich gehalten und ihnen angenehm seien, lud er alle Beteiligten vor sich. Am 11. April 1523 erschienen sie in der Ratsstube, der Provinzial Satzger begleitet durch den Beichtvater des Gnadentals Gregorius Heilman und „den langen predikanten von Nierenberg“ Dr. Johann Winzler; diese Beiden waren dem Vernehmen nach dazu bestimmt, die durch Versetzung Pellicans und Lütharts frei werdenden Stellen zu erhalten. Sämtliche Mönche kamen zum Worte; dann entließ sie der Rat und besprach die Sache. Das Ergebnis war, daß er gleichen Tages nach Tisch dem Provinzial den Befehl zukommen ließ, mit seinen beiden Begleitern die Stadt zu räumen und die angeschuldigten Barfüßer unbehelligt zu lassen; falls er sie hinwegführe, werde der Rat den ganzen Konvent, mehr als vierzig Brüder, aus der Stadt weisen.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/353&oldid=- (Version vom 1.8.2018)