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Aber diese Maßregelung trifft nicht nur den Frevel Einzelner, sondern ein System. Sie bewirkt sofort, daß das Pensionenwesen wieder seine frühere Ordnung erhält. Nach dem Willen des Volkes selbst. Noch im August haben neben den Ratsherren und Meistern die Sechser sich das französische Geld gefallen lassen; jetzt am 19. Oktober 1521 wird zufolge einer von Zunft zu Zunft geschehenen Urabstimmung beschlossen, daß hinfort in ewigen Zeiten Niemand in der Stadt oder ihrer Landschaft eine Pension oder ein Dienstgeld von Herren Fürsten Kommunen oder sonst Jemandem annehmen dürfe, unter Androhung schwerer Strafe. Zugleich wird die Beschränkung der Ratswahlfähigkeit auf Baselkinder beseitigt und die alte Freiheit des Wählens wieder hergestellt.


Die Ergebnisse des Jahres 1521 sind: die neue Orientierung der Politik infolge der französischen Allianz; die neue Führung der Stadtwirtschaft infolge der gewerblichen Enquete; die neue Gestaltung des Regimentes infolge der Verfassungsrevision und der Mutation des Rates beim Pensionensturm.

Im Allgemeinen aber hat dieses Jahr die Bedeutung, daß es das Ende einer mächtigen und leidenschaftlichen Zeit bezeichnet.

An die Stelle der nach Großem begehrenden und Großes wagenden Führung des Staatswesens tritt die ruhige bescheidene Abmessung und Überlegung. Das Beseitigen markanter Hauptgestalten des bisherigen Rates und die Wahl neuer Männer an die leeren Plätze zeigt, daß fortan eine an vernünftige Grenzen und schonende Rücksichten sich bindende Tüchtigkeit mehr gelten soll als kühne und zu Anwendung aller Mittel bereite Kraft.

Die Regierung wird übernommen durch eine Gruppe, die in der Hauptsache bisher die Opposition geführt und nun zu zeigen hat, was sie vermag.

Auch sie steht nicht als Repräsentantin der Volksgesamtheit da, sondern dieser gegenüber. Auch sie übt oligarchisches Regiment gleich ihren Vorgängern, nur daß die bischöfliche Mitwirkung jetzt ausgeschaltet ist. Aber wir beachten doch auch, was ihre Anfänge begleitet; wir sehen die gesamte Einwohnerschaft die Stimme abgeben für die neue Regelung des Pensionenwesens, wir sehen überhaupt das ganze Geschehen des Jahres 1521 umgeben durch die Macht der öffentlichen Meinung, durch den Willen und den Geist des Volkes. Dieser selbe Geist und Wille offenbart sich nun auch auf dem Felde des kirchlichen Kampfes.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/333&oldid=- (Version vom 1.8.2018)