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Zu der von ihm ererbten Neigung kommt bei Adelberg noch die ernstere Anregung seines Oheims, des Domherrn und Professors Arnold zum Luft. Meyer zieht dessen reiche Bibliothek an sich. Den Schwabenspiegel, den er später dem Sebastian Münster mitteilen kann, hat er wohl in dieser Büchersammlung gefunden. Er besitzt auch eine Reihe baslerischer Chroniken: den Appenwiler, den Offenburg u. A. Dann aber ist der Beachtung wert, wie die politischen Erlebnisse und Erfolge auf die literarischen Liebhabereien des Tuchhändlers wirken. Sofort nach seiner Erhebung zum Bürgermeister läßt er sich durch Hieronymus Brilinger die lateinische Stadtchronik Beinheims ins Deutsche übersetzen. Und wie dann das stürmische Jahrzehnt vorüber ist, sehen wir wieder ungestörter in Meyers Arbeit hinein. Wir lernen seine Sammlungen von Auszügen aus Chroniken und Urkunden kennen, seine Abschrift der Chronik des Konrad Schnitt, sein Studium der Colmarer Chronik usw. Er kennt den Ammianus Marcellinus und würdigt die historische Bedeutung des bei der Landskron gemachten Münzfundes. Er beschäftigt den Magister Berlinger als Zusammenträger und Kopisten. Er legt eine Chronik der eigenen Person und Familie an und schließt zuletzt an all das Gesammelte noch eigene Aufzeichnungen, in der Hauptsache ein Referat über Selbsterlebtes, jedoch nicht der großen bewegten Zeit, sondern späterer Jahre.


Unser Humanismus läßt sich keine schriftstellerische Pflege der Vulgärsprache angelegen sein. Er tut nicht, was Bembo und andre Humanisten Italiens tun; er folgt auch nicht dem Vorgange Sebastian Brants, der führender Humanist am Oberrhein und zugleich der erste deutsche volkstümliche Dichter der Zeit gewesen ist.

Statt dessen hebt sich neben dem Humanismus die Kraft eingebornen Lebens selbst empor. In dem glänzenden und großen Vorgange dieser Zeiten, der ein allgemeines geistiges Regewerden und eine Verjüngung aller Erkenntnisse und Fähigkeiten bringt, schlägt auch der Sprache des Volkes die Stunde, da sie ihres Rechtes und ihrer Macht aufs Neue bewußt wird.

Bedeutsamer als in den geschichtlichen Arbeiten zeigen sich Äußerungen des Laieningeniums in deutscher Dichtung. Es handelt sich um Volksliteratur, um Schöpfungen, deren autochthone Ächtheit sie siegen läßt über allen Schimmer humanistischer Sprachkunst, wobei wir nicht zu leugnen brauchen, daß zahlreiche Elemente aus jenem Gebiete des hohen Wissens auch in die selbständigen nationalen Werke einströmen.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/284&oldid=- (Version vom 1.8.2018)