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auch die Jahre lang hier wohnenden, fühlen in sich keinen Beruf zum Städter. Doch ist Ludwig Bär geborner Basler; auch daß unter den im Herbste 1515 zum Heerzug Ausgehobenen ein Mann wie Bruno Amerbach steht, macht einen singulären Eindruck. Die Meisten sind ledigen Standes, und auch dies isoliert sie.

Das Gemeinwesen als solches kümmert sich kaum um diese Leute. Selbst einem Erasmus gegenüber übt der Rat weder Teilnahme noch Munificenz; höchstens daß er ihm bei der Herkunft den Ehrenwein gibt. Was Erasmus damals, in einem Brief an Wolsey, von Förderung der Gelehrten und ihrer Studien dem Minister eines Monarchen zutraut, erlebt er auch zum kleinsten Teile nicht in Basel. Aber indem für den Staat Basel diese ganze glorreiche Gruppe gar nicht vorhanden zu sein scheint, ist auch gegeben, daß er sie nicht plagt, sie in keiner Weise stört. Er läßt sie gewähren. Indem er möglich macht, daß „die tüchtigsten Geister und die ruhige Forschung sich hier zusammenfinden“, gewinnt er der Stadt den Ruhm einer Stätte geistiger Freiheit.


Ein tieferes verpflichtendes Ortsgefühl ist hienach bei unsern Humanisten nicht wahrzunehmen. Aber wir hören ihre zahlreichen Äußerungen, in denen ein deutsches Nationalgefühl laut wird. Innerhalb der Weite weltbürgerlicher Humanität empfindet der Sinn für das ausgebildet Menschliche deutlich die Besonderheit des Nationalen; gerade die Universalität des neuen geistigen Lebens und Strebens treibt jede der wetteifernd daran beteiligten Nationen zum Bewußtsein ihrer selbst, ihrer eigenen Art und Kraft.

So waltet der Stolz, deutscher Humanist zu sein, der Patriotismus des Celtis und des Bebel, auch in den Männern unsres Kreises.

Vorab als Empfindung des Gegensatzes zu allem Wälschen.

Unverhüllt zeigt sie sich in der Antipathie gegen Frankreich und die Franzosen, die eingeboren ist und sich durch keine wirtschaftlichen Beziehungen, keinen wissenschaftlichen Verkehr irre machen läßt. Die alte Erregtheit des Rheinlandes über die „wälsche Gefahr“, gerade jetzt leidenschaftlich gesteigert und durch die gelehrte Diskussion der Wolf Wimpfeling Peutinger über das Deutschtum der linksrheinischen Gebiete begleitet, von der andern Seite her die alles öffentliche Leben der Eidgenossenschaft aufwühlende Parteiung in Kaiserlich und Französisch, wirken auch in die Stimmung der Basler Humanisten. Diese äußert sich unaufhörlich. Bis zur Aufzeichnung der Spottverse von den welkenden Lilien Frankreichs durch Brilinger; bis zum Schelten Bürers über die unzüchtigen Franzosen, die er im Sessel trifft;

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/274&oldid=- (Version vom 1.8.2018)