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ihrer auswärtigen Genossen sich gerne hingeben. Schon dem Sebastian Brant ist es als Etwas erschienen, das der freie geistige Mensch nur als Beschwerde empfinden könne; dem Bonifaz Amerbach ist es geradezu verhaßt; daher auch der Weggang Capitos von Basel in den Dienst des Mainzer Erzbischofs von Manchen ungerne gesehen und eine Schädigung seines ingenium, seiner Studien und seiner Integrität durch die Hofgeschäfte vorausgesagt wird. Das Gefühl geborner Reichsstädter mag hiebei mitsprechen, während Einige vielleicht erst mittelbar durch einen an den Alten genährten Republikanismus bestimmt werden. Erasmus allerdings ist königlicher Hofrat, hält sich aber nach Möglichkeit frei von Höflingsleben und Höflingspflichten.


Bei solcher Gesinnung hat das Verhältnis zu Basel seine besondere Art.

Das völlige Verschwiegenwerden der humanistischen Gesellschaft in zeitgenössischen Aufzeichnungen der Stadt will bei der Art dieser Chroniken überhaupt nicht viel besagen. Und wenn auf Seiten der Humanisten nichts Städtisches und kaum etwas Persönliches aus der bürgerlichen Laienwelt zur Sprache kommt, so gehört auch dies zum Stil ihrer Briefe. In der Wirklichkeit ist das tausendfache Verflochtensein auch dieser Einwohnergruppe mit dem alltäglichen Leben des Gemeinwesens selbstverständlich, auch ein Reichtum persönlichen Einzelverkehres natürlich. Der ungeheure und nicht zu messende Einfluß endlich auf Geist Wissen und Urteil der Stadt ist nichts Anderes als der dem Nächsten zuerst zukommende Teil einer universalen geistigen Wirkung.

Lebensvoll und überzeugend kommen uns auch einzelne Zeugnisse entgegen: da im Mai 1516 Erasmus wegreist, wird er von vielen Baslern zu Pferde bis vors Tor hinaus begleitet, und er sieht Tränen in ihren Augen; da Glarean im Frühling 1522 von Paris hieher zurückkehrt, wird er durch Scholaren und Bürger mit Jubel empfangen.

Als ein Gegenstück hiezu kann die Lobpreisung Basels durch Erasmus gelten. Denn Voraussetzung der Existenz des Humanismus in Basel und seines Gedeihens ist allerdings die Individualität unsrer Stadt, eine ihr eigene geistige Luft, die diese Menschen hier leichter atmen läßt als anderswo.

Dennoch ist ein Abstand nicht zu verkennen. Schon Das kommt in Betracht, daß die Humanisten meist Eingewanderte und Fremde sind, daß sie sich der Stadt nicht assimilieren, vielmehr meist nur einige Zeit hier weilen und dann wieder Weiterziehen. Die Buchdrucker erwerben in der Regel das Bürgerrecht, um ihrer geschäftlichen Interessen willen; die Gelehrten,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/273&oldid=- (Version vom 1.8.2018)